Insekten mögens dunkel
In zwei Forschungsprojekten davor gingen EKZ und die WSL bereits der Frage nach der idealen Helligkeit und der besten Lichtfarbe nach. Die WSL und EKZ, im Kanton Zürich auch für die Beleuchtung des öffentlichen Raums zuständig, kamen bereits 2017 zur Erkenntnis, dass gedimmtes Licht in Bezug auf die Umwelt ideal ist. Für Insekten und Fledermäuse gilt: je dunkler die Nacht, desto besser (Details s. unten).
Ab 2019 untersuchten EKZ und die WSL in einem Folgeversuch in Weiningen, welchen Einfluss die Lichtfarbe und die Leuchtenform auf die Tierwelt haben. Mit dem Aufkommen der LED-Technologie lag der Fokus beim Beleuchten in den letzten Jahren vorwiegend auf der Energieeffizienz. So verbraucht die öffentliche Beleuchtung in der Tat deutlich weniger Strom als früher - bei einer typischen Strassenleuchte ist es noch die Hälfte des Stroms. Und weisses LED-Licht mit 4000 Kelvin braucht nochmals weniger Strom als warmweisses (3000 Kelvin) bis amberfarbenes Licht (1750 Kevin). Bloss: Insekten werden von kaltem bis neutralem Licht viel stärker angezogen als von amberfarbenem. Das hat die Studie in Weiningen deutlich gezeigt. Noch verstärkt wird die signifikant erhöhte Anlockwirkung von weissem Licht durch die Form der Leuchte: Pilzleuchten, die das Licht stark streuen, ziehen deutlich mehr Insekten an als Leuchten mit geringerer Lichtverteilung, also sehr punktueller Beleuchtung. Bei den Fledermäusen waren die Auswirkungen dieselben, bloss in geringerem Ausmass als bei den nachtaktiven Insekten. Janine Bolliger, wissenschaftliche Versuchsleiterin bei der WSL, ist es wichtig zu betonen: «Darüber hinaus bestätigte sich in allen Fällen, dass künstliches Licht, unabhängig von Farbe und Lichtverteilung, einen signifikanten Einfluss auf Fledermäuse und Insekten hat.» Will heissen: Am besten für diese Lebewesen wäre wohl gar keine Beleuchtung.
Standorte mit kaum Kunstlicht
Um die bisherigen Erkenntnisse zu vertiefen, lancierten EKZ und die WSL nun also einen dritten Feldversuch an drei Standorten, die sonst kaum Kunstlicht kennen: auf der Lägeren oberhalb Wettingens, im Schwyzer Alpthal und im eingangs erwähnten Wald bei Birmensdorf. Die Forschungspartner erhoffen sich hier fundierte Erkenntnisse über die ideale Beleuchtung in Bezug auf die Umwelt. Die Versuchsanlage umfasst pro Standort zwölf Leuchten, die eigens für den Versuch aufgestellt und im teilweise unwegsamen Gelände verkabelt wurden. Manche Leuchten haben auch hier eine Pilzform, die zu mehr Streulicht nach oben führt als die flachen Vergleichs-Testlampen. Zudem werden die Lichtfarben von kalt- oder normalweiss bis hin zu amberfarben variiert. Stets gibt es als Vergleichsgruppe eine Anlage ohne künstliches Licht. Zur Ergänzung zu den beiden früheren Studien kommen im neusten Versuch auch Bodenfallen zum Einsatz, die das Aufkommen von Lebewesen auf dem Waldboden, also Spinnen, Tausendfüssler oder Käfer, erfassen.
Ziel: Stromsparend, sicher und umweltverträglich
Auch bei diesem Versuch werden Fragen zur Energieeffizienz bewusst ausser Acht gelassen, es geht allein um die Umweltverträglichkeit. «Die Erkenntnisse helfen uns grundsätzlich für die Planung der öffentlichen Beleuchtung, denn diese soll nicht nur sicher und energieeffizient, sondern eben gleichzeitig auch möglichst umweltschonend sein», sagt Jörg Haller, Leiter öffentliche Beleuchtung bei EKZ. Themen wie die Reduktion der Lichtverschmutzung und der gleichzeitig sicherheitsfördernde Einsatz von Beleuchtung sind dem Beleuchtungsspezialisten ein grosses Anliegen. Doch steht das in gewissem Mass im Widerspruch zueinander: «Unsere und andere wissenschaftliche Studien zeigen, dass oranges Licht die Insekten weniger anlockt als weisses. Weisses ist hingegen besser für die Sichtbarkeit und hat einen geringeren Stromverbrauch», gibt Haller zu bedenken. Das gelte es in Einklang zu bringen bei der Beratung der Gemeinden, wenn es um die Planung der Beleuchtung im öffentlichen Raum geht.