Eine Lampe sorgt für Lämpe

Der eiserne Steg, die Verbindungsbrücke über den Rhein in Flurlingen, brauchte eine neue Beleuchtung. Es wurde eine Geschichte mit ein paar Umwegen. Heute sind Strasse und Gehweg wieder optimal ausgeleuchtet und auch die seltene Nordfledermaus kann wieder störungsfrei am Rhein jagen.

Anja Rubin
30. Oktober 2020
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Dass eine simple Leuchtstoffröhre einmal zu einem solchen Aufregerthema würde, hätte wohl kaum einer gedacht. «Wir haben jedenfalls viel gelernt», sagt der Flurlinger Gemeindeschreiber Marcel Wegmann. Und dem Elektroinstallateur Stefan Bärlocher grauts wohl heute noch von den Diskussionen im Gemeinderat, die der Auftrag auslöste. Umso erstaunlicher ist es, dass die Beleuchtung heute als «Vorzeigeprojekt» und «tolle Pionierarbeit» gelobt wird. Was war geschehen?

Bitte mehr Licht…

Am Anfang stand der Auftrag der Gemeinde Flurlingen für den Ersatz der in die Jahre gekommenen Beleuchtung des «Eisernen Stegs». Die 98-jährige Brücke verbindet das zürcherische Flurlingen mit dem Schaffhauser Neuhausen direkt am Rhein unweit des Rheinfalls und wird täglich von vielen Autos befahren und von Fussgängerinnen und Velofahrern überquert. Die alte Beleuchtung war 12-jährig, angeschlagen durch Witterung und Vandalismus – und seither hat sich auch einiges getan punkto technologischer Entwicklung und Energieeffizienz. Man wollte die Leuchtmittel also ersetzen und gleichzeitig die Verkabelung ausbessern. Es schien ein überschaubarer Auftrag und so ersetzte EKZ Eltop, der lokale Elektroinstallateur, die alten Leuchtstoffröhren durch neue auf Basis von LED – gemäss Vereinbarung mit der Gemeinde. Bei weniger Stromverbrauch erstrahlte die alte Brücke nun viel stärker ausgeleuchtet. Das sei auch so gewünscht gewesen, sagt der Projektleiter Stefan Bärlocher von der Eltop-Filiale Benken, schliesslich sei der Weg für Passanten zu Fuss und auf dem Velo sehr schlecht ausgeleuchtet gewesen. Er wohnt selber in Flurlingen und hatte im Lauf seiner 38-jährigen Stromer-Karriere schon die alten Leuchten an der Brücke installiert. «Doch was ich mir an der Gemeindeversammlung alles sagen lassen musste!», sagt er heute schulterzuckend. Viel zu hell!, riefen die Anrainer. Rückblickend kann er darüber schmunzeln.

Dass eine simple Leuchtstoffröhre einmal zu einem solchen Aufregerthema würde, hätte wohl kaum einer gedacht. «Wir haben jedenfalls viel gelernt», sagt der Flurlinger Gemeindeschreiber Marcel Wegmann. Und dem Elektroinstallateur Stefan Bärlocher grauts wohl heute noch von den Diskussionen im Gemeinderat, die der Auftrag auslöste. Umso erstaunlicher ist es, dass die Beleuchtung heute als «Vorzeigeprojekt» und «tolle Pionierarbeit» gelobt wird. Was war geschehen?

Bitte mehr Licht…

Am Anfang stand der Auftrag der Gemeinde Flurlingen für den Ersatz der in die Jahre gekommenen Beleuchtung des «Eisernen Stegs». Die 98-jährige Brücke verbindet das zürcherische Flurlingen mit dem Schaffhauser Neuhausen direkt am Rhein unweit des Rheinfalls und wird täglich von vielen Autos befahren und von Fussgängerinnen und Velofahrern überquert. Die alte Beleuchtung war 12-jährig, angeschlagen durch Witterung und Vandalismus – und seither hat sich auch einiges getan punkto technologischer Entwicklung und Energieeffizienz. Man wollte die Leuchtmittel also ersetzen und gleichzeitig die Verkabelung ausbessern. Es schien ein überschaubarer Auftrag und so ersetzte EKZ Eltop, der lokale Elektroinstallateur, die alten Leuchtstoffröhren durch neue auf Basis von LED – gemäss Vereinbarung mit der Gemeinde. Bei weniger Stromverbrauch erstrahlte die alte Brücke nun viel stärker ausgeleuchtet. Das sei auch so gewünscht gewesen, sagt der Projektleiter Stefan Bärlocher von der Eltop-Filiale Benken, schliesslich sei der Weg für Passanten zu Fuss und auf dem Velo sehr schlecht ausgeleuchtet gewesen. Er wohnt selber in Flurlingen und hatte im Lauf seiner 38-jährigen Stromer-Karriere schon die alten Leuchten an der Brücke installiert. «Doch was ich mir an der Gemeindeversammlung alles sagen lassen musste!», sagt er heute schulterzuckend. Viel zu hell!, riefen die Anrainer. Rückblickend kann er darüber schmunzeln.

Die alten Leuchtstoffröhren werden nach einem Jahr bereits wieder entfernt.
Die alten Leuchtstoffröhren werden nach einem Jahr bereits wieder entfernt.
Die neuen Lampen liegen bereit für die Montage.
Die neuen Lampen liegen bereit für die Montage.
Die Leuchten werden am oberen Träger des Eisernen Stegs angeschlossen.
Die Leuchten werden am oberen Träger des Eisernen Stegs angeschlossen.
Die neue Lampen warten nur darauf, bis es dunkel wird.
Die neue Lampen warten nur darauf, bis es dunkel wird.
Die neue Lampen warten nur darauf, bis es dunkel wird.
Die neue Lampen warten nur darauf, bis es dunkel wird.
Der "Eiserne Steg" in Flurlingen erstrahlt mit neuer Beleuchtung, die alle Bedürfnisse erfüllt.
Der "Eiserne Steg" in Flurlingen erstrahlt mit neuer Beleuchtung, die alle Bedürfnisse erfüllt.
Die Farbtemperatur wird in Kelvin angegeben. Die Beleuchtung in Flurlingen beträgt 2000 Kelvin.
Die Farbtemperatur wird in Kelvin angegeben. Die Beleuchtung in Flurlingen beträgt 2000 Kelvin.

… aber doch nicht so!

Einige Anwohner fühlten sich gestört von der starken Abstrahlung der Strassenbeleuchtung in alle Richtungen. An diesem Punkt schaltete sich auch der Fledermausexperte Hansueli Alder in seiner Funktion als Präsident des Arbeitskreises Fledermausschutz Schaffhausen ein, der dem Ansinnen für weniger Licht nochmals Schub verlieh. Er sagt: «Knapp 200 Meter flussauf- und abwärts war es fast taghell. Von der Autobahnbrücke aus in beträchtlicher Distanz sah es aus, als wäre jemand am Schweissen.» Das Problem war nicht nur die Helligkeit, sondern auch die Lichtfarbe. «Denn starke Leuchten mit hohem Blauanteil ziehen zahlreiche Insekten an und in der Folge sterben viele. Diese fehlen den Fledermäusen dann als Nahrungsquelle», führt der Fledermausexperte aus. Ausserdem meidet die seltene Nordfledermaus bei ihrer nächtlichen Jagd starke Lichtquellen, um nicht selber leichte Beute für ihre Fressfeinde, die Eulen, zu werden. Die Nordfledermaus ist in der Schweiz geschützt. Und da sie in der Umgebung am Rhein auch ihre Jungen aufzieht, was sie sonst nur noch im Berner Jura und im Bündnerland tut, benötigt sie besonderen Schutz.

… aber doch nicht so!

Einige Anwohner fühlten sich gestört von der starken Abstrahlung der Strassenbeleuchtung in alle Richtungen. An diesem Punkt schaltete sich auch der Fledermausexperte Hansueli Alder in seiner Funktion als Präsident des Arbeitskreises Fledermausschutz Schaffhausen ein, der dem Ansinnen für weniger Licht nochmals Schub verlieh. Er sagt: «Knapp 200 Meter flussauf- und abwärts war es fast taghell. Von der Autobahnbrücke aus in beträchtlicher Distanz sah es aus, als wäre jemand am Schweissen.» Das Problem war nicht nur die Helligkeit, sondern auch die Lichtfarbe. «Denn starke Leuchten mit hohem Blauanteil ziehen zahlreiche Insekten an und in der Folge sterben viele. Diese fehlen den Fledermäusen dann als Nahrungsquelle», führt der Fledermausexperte aus. Ausserdem meidet die seltene Nordfledermaus bei ihrer nächtlichen Jagd starke Lichtquellen, um nicht selber leichte Beute für ihre Fressfeinde, die Eulen, zu werden. Die Nordfledermaus ist in der Schweiz geschützt. Und da sie in der Umgebung am Rhein auch ihre Jungen aufzieht, was sie sonst nur noch im Berner Jura und im Bündnerland tut, benötigt sie besonderen Schutz.

Nächtliche Guerilla-Aktion

Was dann folgte, könnte man durchaus als nächtliche Guerilla-Aktion bezeichnen: Trotz Dunkelheit mit Sonnenbrillen ausgestattet, deckten Alder und seine Kolleginnen im Frühling 2019 die Leuchtstoffröhren mit Noppenfolie ab, um insbesondere die Strahlung nach oben und zur Seite zu verhindern. «Das war natürlich mit dem Gemeindeschreiber abgesprochen und bloss als pragmatische provisorische Lösung geplant», schmunzelt Alder über das Untergrund-Flair der Aktion.

Jede Beleuchtungssituation ist anders

Seit Mitte September erfreut sich der Eiserne Steg wieder einer dauerhaften Lösung, und die stösst erst noch von allen Seiten auf Anklang. Jörg Haller, Leiter öffentliche Beleuchtung bei EKZ, hat auf Bitte des Flurlinger Gemeinderats gemeinsam mit den Beteiligten eine Beleuchtungslösung gefunden, die das Bedürfnis nach Sicherheit auf Strasse und Gehweg befriedigt, aber gleichzeitig so wenig Streu- und anderes Störlicht produziert wie nötig. «Es ist anspruchsvoll, diesen Spagat zu schaffen», erklärt Haller. «Die Bedürfnisse an die Beleuchtung sind sehr unterschiedlich und jedes Lebewesen nimmt Licht zudem anders wahr − nicht einmal die verschiedenen Fledermausarten haben eine annähernd gleiche Wahrnehmung.» Einiges wisse man in Expertenkreisen bereits über den Einfluss von künstlichem Licht auf Ökosysteme. Gewisse Zusammenhänge lägen aber wortwörtlich noch im Dunkeln und bedürften weiterer Forschung, präzisiert Haller. Gemeinsam mit der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL hat EKZ beispielsweise verschiedene Studien zum Einfluss auf Insekten und Fledermäuse am Laufen. «Die Feldforschung präzisierte und bestätigte dabei einiges, was man bereits wusste, sorgte aber auch für neue Erkenntnisse, welche nun in Praxis angewandt werden können», sagt Haller.

Nächtliche Guerilla-Aktion

Was dann folgte, könnte man durchaus als nächtliche Guerilla-Aktion bezeichnen: Trotz Dunkelheit mit Sonnenbrillen ausgestattet, deckten Alder und seine Kolleginnen im Frühling 2019 die Leuchtstoffröhren mit Noppenfolie ab, um insbesondere die Strahlung nach oben und zur Seite zu verhindern. «Das war natürlich mit dem Gemeindeschreiber abgesprochen und bloss als pragmatische provisorische Lösung geplant», schmunzelt Alder über das Untergrund-Flair der Aktion.

Jede Beleuchtungssituation ist anders

Seit Mitte September erfreut sich der Eiserne Steg wieder einer dauerhaften Lösung, und die stösst erst noch von allen Seiten auf Anklang. Jörg Haller, Leiter öffentliche Beleuchtung bei EKZ, hat auf Bitte des Flurlinger Gemeinderats gemeinsam mit den Beteiligten eine Beleuchtungslösung gefunden, die das Bedürfnis nach Sicherheit auf Strasse und Gehweg befriedigt, aber gleichzeitig so wenig Streu- und anderes Störlicht produziert wie nötig. «Es ist anspruchsvoll, diesen Spagat zu schaffen», erklärt Haller. «Die Bedürfnisse an die Beleuchtung sind sehr unterschiedlich und jedes Lebewesen nimmt Licht zudem anders wahr − nicht einmal die verschiedenen Fledermausarten haben eine annähernd gleiche Wahrnehmung.» Einiges wisse man in Expertenkreisen bereits über den Einfluss von künstlichem Licht auf Ökosysteme. Gewisse Zusammenhänge lägen aber wortwörtlich noch im Dunkeln und bedürften weiterer Forschung, präzisiert Haller. Gemeinsam mit der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL hat EKZ beispielsweise verschiedene Studien zum Einfluss auf Insekten und Fledermäuse am Laufen. «Die Feldforschung präzisierte und bestätigte dabei einiges, was man bereits wusste, sorgte aber auch für neue Erkenntnisse, welche nun in Praxis angewandt werden können», sagt Haller.

Beleuchtung und Lichtverschmutzung

Werden heute neue Beleuchtungen im öffentlichen Raum geplant und bestehende ersetzt, orientiert sich EKZ an den folgenden Grössen:

  • Sicherheit
  • Energieeffizienz und Kosten
  • Lichtemissionen
  • Umwelt und Lichtqualität

Das Bewusstsein für Licht habe sich in der Gesellschaft verändert, sagt Jörg Haller, Leiter öffentliche Beleuchtung und Smart City bei EKZ: «Früher hat man Licht als etwas Funktionales angeschaut; es sollte einen Ort einfach erhellen, Sicherheit und Sichtbarkeit sollten gewährleistet sein. Heute hingegen achtet man zusätzlich auf die Qualität: Was wird genau beleuchtet? Wie gut erkennt man die Farben? Verursacht das Licht unerwünschte Emissionen? Wie wirkt es auf Anwohner, auf nachtaktive Tiere und die Umgebung?». Haller und sein Team erforschen regelmässig den Einfluss des Lichts auf Flora und Fauna und haben aktuell eine gemeinsame Studie mit der WSL am Laufen. 

Werden heute neue Beleuchtungen im öffentlichen Raum geplant und bestehende ersetzt, orientiert sich EKZ an den folgenden Grössen:

  • Sicherheit
  • Energieeffizienz und Kosten
  • Lichtemissionen
  • Umwelt und Lichtqualität

Das Bewusstsein für Licht habe sich in der Gesellschaft verändert, sagt Jörg Haller, Leiter öffentliche Beleuchtung und Smart City bei EKZ: «Früher hat man Licht als etwas Funktionales angeschaut; es sollte einen Ort einfach erhellen, Sicherheit und Sichtbarkeit sollten gewährleistet sein. Heute hingegen achtet man zusätzlich auf die Qualität: Was wird genau beleuchtet? Wie gut erkennt man die Farben? Verursacht das Licht unerwünschte Emissionen? Wie wirkt es auf Anwohner, auf nachtaktive Tiere und die Umgebung?». Haller und sein Team erforschen regelmässig den Einfluss des Lichts auf Flora und Fauna und haben aktuell eine gemeinsame Studie mit der WSL am Laufen. 

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