«Sein entwaffnendes Lachen hilft enorm»

Das erste Mal, als Gregory seinen Vater Rolf Knie sah, muss ein ziemlicher Schreck für den Kleinen gewesen sein. Doch er scheint sich gut davon erholt zu haben.

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Aufgezeichnet von: Mark Van Huisseling - Fotos: zvg.

Mein Sohn kam zwi­schen zwei Clownnummern an einem Sonntag in Lausanne zur Welt. Am Morgen war ich noch im Spi­tal gewesen, es war eine schwierige Sache, die Herz­töne hatten abgenommen, dann kehrten sie zurück. Der Doktor fragte, wann ich wieder kommen könne. Ich sagte, um halb fünf am Nachmittag, dann sei mein Auftritt im Circus Knie fertig; ich zeigte da­mals zusammen mit Gaston unsere Box­-Nummer. Ich war sehr nervös. Mein Auto parkte ich hinter dem Chapiteau, so dass ich gleich einsteigen und losfahren konnte. Kaum war ich im Spital, brachte der Arzt meinen Sohn auf die Welt und gab ihn mir. Aufgeregt wie ich war, ging ich mit dem Neugeborenen in den Armen in den Korridor, um meinen Vater anzurufen. Als ich eine Schwester sah, drückte ich ihr das Telefon in die Hand und fragte, ob sie meinem Vater sagen könne, es sei ein Junge. Dann fiel mir auf, wie komisch sie mich anschaute. Ich fragte: ‹Haben Sie noch nie einen gesehen, der so viel Freude hat an sei­ nem Baby?› Bis ich mein Spiegelbild in einem Fenster sah – ich war in voller Clownmontur ins Spital gefah­ren. Das war wahrscheinlich der erste Schreck, den Gregory in seinem Leben hatte, als er seinen Vater in dieser Aufmachung sah.

Am Anfang meiner Ehe wollte ich noch keine Kin­der. Ich hatte Respekt vor der Verantwortung, die damit einhergeht. Ich fand es immer merkwürdig, wenn jemand sagte, ein Kind tue der Ehe gut oder er wünsche sich einen Stammhalter und so weiter. Das ist doch egoistisch. In erster Linie geht es für mich da­rum, ob ein Kind in unsere Familie möchte, wenn es entscheiden könnte. Ob wir in der Lage sind, das zu bieten, was es erwartet und braucht. Diese Verant­wortung ist gross und ich wollte sie in jungen Jahren nicht auf mich nehmen.

Gregory war als Baby schon ein Strahlemann. Das ist bis heute so geblieben. Und ich darf sagen, ich bin dafür mitverantwortlich. Ich habe das nämlich mit ihm trainiert, wir haben bereits viel Blödsinn zusam­men angestellt, als er noch ganz klein war. Und ich wollte, dass er immer, wenn er mich sieht, einen strahlenden, lachenden Vater sieht. Ich wollte ihm so eine positive Ausstrahlung, eine bejahende Art in die Wiege legen. Das ist mir gelungen, so sieht es aus. Er hat bis heute ein entwaffnendes Lachen, das hilft enorm – und kostet nichts. 

Mein Sohn kam zwi­schen zwei Clownnummern an einem Sonntag in Lausanne zur Welt. Am Morgen war ich noch im Spi­tal gewesen, es war eine schwierige Sache, die Herz­töne hatten abgenommen, dann kehrten sie zurück. Der Doktor fragte, wann ich wieder kommen könne. Ich sagte, um halb fünf am Nachmittag, dann sei mein Auftritt im Circus Knie fertig; ich zeigte da­mals zusammen mit Gaston unsere Box­-Nummer. Ich war sehr nervös. Mein Auto parkte ich hinter dem Chapiteau, so dass ich gleich einsteigen und losfahren konnte. Kaum war ich im Spital, brachte der Arzt meinen Sohn auf die Welt und gab ihn mir. Aufgeregt wie ich war, ging ich mit dem Neugeborenen in den Armen in den Korridor, um meinen Vater anzurufen. Als ich eine Schwester sah, drückte ich ihr das Telefon in die Hand und fragte, ob sie meinem Vater sagen könne, es sei ein Junge. Dann fiel mir auf, wie komisch sie mich anschaute. Ich fragte: ‹Haben Sie noch nie einen gesehen, der so viel Freude hat an sei­ nem Baby?› Bis ich mein Spiegelbild in einem Fenster sah – ich war in voller Clownmontur ins Spital gefah­ren. Das war wahrscheinlich der erste Schreck, den Gregory in seinem Leben hatte, als er seinen Vater in dieser Aufmachung sah.

Am Anfang meiner Ehe wollte ich noch keine Kin­der. Ich hatte Respekt vor der Verantwortung, die damit einhergeht. Ich fand es immer merkwürdig, wenn jemand sagte, ein Kind tue der Ehe gut oder er wünsche sich einen Stammhalter und so weiter. Das ist doch egoistisch. In erster Linie geht es für mich da­rum, ob ein Kind in unsere Familie möchte, wenn es entscheiden könnte. Ob wir in der Lage sind, das zu bieten, was es erwartet und braucht. Diese Verant­wortung ist gross und ich wollte sie in jungen Jahren nicht auf mich nehmen.

Gregory war als Baby schon ein Strahlemann. Das ist bis heute so geblieben. Und ich darf sagen, ich bin dafür mitverantwortlich. Ich habe das nämlich mit ihm trainiert, wir haben bereits viel Blödsinn zusam­men angestellt, als er noch ganz klein war. Und ich wollte, dass er immer, wenn er mich sieht, einen strahlenden, lachenden Vater sieht. Ich wollte ihm so eine positive Ausstrahlung, eine bejahende Art in die Wiege legen. Das ist mir gelungen, so sieht es aus. Er hat bis heute ein entwaffnendes Lachen, das hilft enorm – und kostet nichts. 

Rolf Knie, 68, geboren in Bern, ist Kunstmaler und Zirkusunternehmer. Er verliess das Familienunternehmen Zirkus Knie 1984, weil er gemeinsam mit dem Clownkollegen Gaston seine Clown- und Schauspielerlaufbahn auf Theaterbühnen fortsetzen wollte. Rolf Knie lebt in der Schweiz und auf Mallorca.
Zwei Generationen - eine gemeinsame Leidenschaft: Rolf Knie ist glücklich darüber, dass sein Sohn Gregory in seine Fussstapfen getreten ist.

Was Gregory gutgetan hat, sind die Jahre, die er als Heranwachsender nicht in der Schweiz verbrachte. Er hat das Gymnasium in Spanien besucht und die Universität in Orlando in Florida; das war zu der Zeit, als die Firma Walt Disney ihren neuen Themenpark Animal Kingdom bei Orlando eröffnete, ich hatte bei der Entwicklung mitgearbeitet. Als er im Jahr 2000, mit 23, in die Schweiz zurückkam – ich hatte damals gerade mit meinem Winterzirkus Salto Natale ange­fangen –, war er erstaunt, dass man den Namen Knie hier kennt. Ich hab ihm immer gesagt: ‹Du sollst ver­suchen, an die Spitze zu kommen wegen deiner Leis­tung, nicht wegen deines Namens.›

Als meine Geschwister und ich Kinder waren, gab es noch keine Zirkusschule bei Knie, darum wurde ich in einer Gastfamilie platziert, in Belp bei Bern. Die Bürgis hatten die grösste private Sammlung von Bildern des Malers Paul Klee; über meinem Bett hing das Werk ‹Der Feuervogel›. Damals verstand ich noch nicht, weshalb sich meine Gastmutter aufregte, wenn ich im Zimmer Fussball spielte. Gregory wuchs eben­falls nicht im Zirkus auf, weil ich die Familienfirma 1984 verlassen hatte und später nach Mallorca zog. Es ist aber nicht so, dass ich ihm damit eine Laufbahn im Circus Knie verunmöglicht hätte – er könnte, wenn er möchte, morgen dort anfangen zu arbeiten. Und er wird einmal meine Aktien, ich halte einen Drittel der Anteile, übernehmen. Bis jetzt war das aber kein Thema, weil wir zusammen Salto Natale betreiben. Und Ohlala, den erotischen Zirkus, den wir zusam­men angefangen haben, leitet er jetzt bereits in der vierten Saison ohne mich.

Es ist etwas Schönes für einen Vater, wenn der Sohn das Erbe antritt. Und es dann auch kann. Zum einen Teil, denke ich, hat das mit der Erziehung zu tun, aber nur zu einem Teil. Der andere ist Glück – es hätte genauso gut anders kommen können: dass sich mein Sohn nicht für Zirkus interessiert hätte. Und das hätte ich akzeptieren müssen. Aber so, wie es jetzt ist, ist es mir natürlich lieber.»

Was Gregory gutgetan hat, sind die Jahre, die er als Heranwachsender nicht in der Schweiz verbrachte. Er hat das Gymnasium in Spanien besucht und die Universität in Orlando in Florida; das war zu der Zeit, als die Firma Walt Disney ihren neuen Themenpark Animal Kingdom bei Orlando eröffnete, ich hatte bei der Entwicklung mitgearbeitet. Als er im Jahr 2000, mit 23, in die Schweiz zurückkam – ich hatte damals gerade mit meinem Winterzirkus Salto Natale ange­fangen –, war er erstaunt, dass man den Namen Knie hier kennt. Ich hab ihm immer gesagt: ‹Du sollst ver­suchen, an die Spitze zu kommen wegen deiner Leis­tung, nicht wegen deines Namens.›

Als meine Geschwister und ich Kinder waren, gab es noch keine Zirkusschule bei Knie, darum wurde ich in einer Gastfamilie platziert, in Belp bei Bern. Die Bürgis hatten die grösste private Sammlung von Bildern des Malers Paul Klee; über meinem Bett hing das Werk ‹Der Feuervogel›. Damals verstand ich noch nicht, weshalb sich meine Gastmutter aufregte, wenn ich im Zimmer Fussball spielte. Gregory wuchs eben­falls nicht im Zirkus auf, weil ich die Familienfirma 1984 verlassen hatte und später nach Mallorca zog. Es ist aber nicht so, dass ich ihm damit eine Laufbahn im Circus Knie verunmöglicht hätte – er könnte, wenn er möchte, morgen dort anfangen zu arbeiten. Und er wird einmal meine Aktien, ich halte einen Drittel der Anteile, übernehmen. Bis jetzt war das aber kein Thema, weil wir zusammen Salto Natale betreiben. Und Ohlala, den erotischen Zirkus, den wir zusam­men angefangen haben, leitet er jetzt bereits in der vierten Saison ohne mich.

Es ist etwas Schönes für einen Vater, wenn der Sohn das Erbe antritt. Und es dann auch kann. Zum einen Teil, denke ich, hat das mit der Erziehung zu tun, aber nur zu einem Teil. Der andere ist Glück – es hätte genauso gut anders kommen können: dass sich mein Sohn nicht für Zirkus interessiert hätte. Und das hätte ich akzeptieren müssen. Aber so, wie es jetzt ist, ist es mir natürlich lieber.»