ÖV mit Schallgeschwindigkeit

2013 präsentierte Unternehmer Elon Musk seine Vision für ein Transportsystem, in dem man mit Schallgeschwindigkeit reisen würde. Ob Hyperloop realisiert wird, ist ungewiss. Doch weltweit wird die Technologie vorangetrieben – auch vom ETH-Team Swissloop.

Luc Descombes
12. November 2020
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Fotos: Herbert Zimmermann

Die Idee ist über 200 Jahre alt: 1799 schlug der britische Erfinder George Medhurst vor, Güter mithilfe von Druckluft durch Röhren zu befördern. Später entwickelte sich daraus die Rohrpost. Im öffentlichen Verkehr kam die Technologie bisher nie zum Einsatz. Doch dies könnte sich nun ändern.

Zürich–Paris in 30 Minuten

Seitdem der Pionier und Tesla-Gründer Elon Musk seine Vision präsentierte, ist Bewegung in die Sache gekommen. Im sogenannten Hyperloop-System soll in einer Röhre ein (Teil-)Vakuum erzeugt und so der Luftwiderstand reduziert werden. Theoretisch könnten so Geschwindigkeiten von bis zu 1200 Kilometern pro Stunde realisiert werden – was einer Reisezeit von circa einer halben Stunde von Zürich nach Paris entsprechen würde. Die Transportkapsel, die sich zur Beförderung von Mensch und Waren in der Röhre bewegt, der sogenannte Pod, könnte sehr effizient beschleunigt werden, und die notwendige Energie käme von Solarpanelen, die auf der Röhre installiert wären. Doch wie realistisch ist ein solches Transportsystem in absehbarer Zeit? Um dies herauszufinden, haben wir das ETH-Team Swissloop besucht. 

Die Idee ist über 200 Jahre alt: 1799 schlug der britische Erfinder George Medhurst vor, Güter mithilfe von Druckluft durch Röhren zu befördern. Später entwickelte sich daraus die Rohrpost. Im öffentlichen Verkehr kam die Technologie bisher nie zum Einsatz. Doch dies könnte sich nun ändern.

Zürich–Paris in 30 Minuten

Seitdem der Pionier und Tesla-Gründer Elon Musk seine Vision präsentierte, ist Bewegung in die Sache gekommen. Im sogenannten Hyperloop-System soll in einer Röhre ein (Teil-)Vakuum erzeugt und so der Luftwiderstand reduziert werden. Theoretisch könnten so Geschwindigkeiten von bis zu 1200 Kilometern pro Stunde realisiert werden – was einer Reisezeit von circa einer halben Stunde von Zürich nach Paris entsprechen würde. Die Transportkapsel, die sich zur Beförderung von Mensch und Waren in der Röhre bewegt, der sogenannte Pod, könnte sehr effizient beschleunigt werden, und die notwendige Energie käme von Solarpanelen, die auf der Röhre installiert wären. Doch wie realistisch ist ein solches Transportsystem in absehbarer Zeit? Um dies herauszufinden, haben wir das ETH-Team Swissloop besucht. 

Das Swissloop-Team
Ein Team der ETH Zürich entwickelt ein Transportsystem der Zukunft mit
Ein Team der ETH Zürich entwickelt ein Transportsystem der Zukunft mit

Wer baut die optimale Transportkapsel?

In der Werkstatt der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in Dübendorf wird intensiv getüftelt. Man spürt die Begeisterung der jungen Studentinnen und Studenten. Die meisten von ihnen studieren Maschinenbau oder Elektrotechnik. Sie forschen im Rahmen eines Fokusprojekts an einer Transportkapsel, wie sie eines Tages im Hyperloop zum Einsatz kommen könnte. Jedes Jahr treten Teams verschiedener technischer Hochschulen mit ihren Prototypen auf der Teststrecke von SpaceX in Kalifornien gegeneinander an. Mit dem Vorjahresmodell «Claude Nicollier» erreichte das ETH-Team eine Geschwindigkeit von 252 Kilometern pro Stunde und holte sich damit den 2. Platz in der Gesamtwertung. «Dieses Jahr findet der Wettbewerb in den USA nicht statt, weil SpaceX aktuell eine längere und realistischere Teststrecke baut», erklärt Matthias Strässle, der für den leistungsfähigeren Motor der diesjährigen Transportkapsel «Simona de Silvestro» verantwortlich ist. «Nichtsdestotrotz sind wir voll motiviert, neues Wissen zu generieren.»

Leistung eines Bugatti-Sportwagens

Fokussiert wurde dieses Jahr auf die Steigerung der Leistung: «Herzstück im neuen Pod ist der modulare Linearmotor, der dank neuer Ansteuerung deutlich mehr Energie in die Bewegung der Kapsel bringt», erklärt Tim Saal, verantwortlich für das Gesamtprojekt. Weil dieses Jahr kein Wettbewerb stattfindet, entwickeln die Studenten einen kleineren Prototyp. «In der wettbewerbsfähigen Dimension erreichen wir eine Leistung von 1,2 Megawatt, was ungefähr 1500 Pferdestärken entspricht. Damit bewegen wir uns im Bereich eines Bugatti Chiron», ergänzt Strässle. Punkto Geschwindigkeit würde der Pod die meisten Sportwagen sogar in den Schatten stellen: In voller Grösse erreicht die Kapsel über 500 Kilometer pro Stunde – fast die Hälfte der Schallgeschwindigkeit. 

Wer baut die optimale Transportkapsel?

In der Werkstatt der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in Dübendorf wird intensiv getüftelt. Man spürt die Begeisterung der jungen Studentinnen und Studenten. Die meisten von ihnen studieren Maschinenbau oder Elektrotechnik. Sie forschen im Rahmen eines Fokusprojekts an einer Transportkapsel, wie sie eines Tages im Hyperloop zum Einsatz kommen könnte. Jedes Jahr treten Teams verschiedener technischer Hochschulen mit ihren Prototypen auf der Teststrecke von SpaceX in Kalifornien gegeneinander an. Mit dem Vorjahresmodell «Claude Nicollier» erreichte das ETH-Team eine Geschwindigkeit von 252 Kilometern pro Stunde und holte sich damit den 2. Platz in der Gesamtwertung. «Dieses Jahr findet der Wettbewerb in den USA nicht statt, weil SpaceX aktuell eine längere und realistischere Teststrecke baut», erklärt Matthias Strässle, der für den leistungsfähigeren Motor der diesjährigen Transportkapsel «Simona de Silvestro» verantwortlich ist. «Nichtsdestotrotz sind wir voll motiviert, neues Wissen zu generieren.»

Leistung eines Bugatti-Sportwagens

Fokussiert wurde dieses Jahr auf die Steigerung der Leistung: «Herzstück im neuen Pod ist der modulare Linearmotor, der dank neuer Ansteuerung deutlich mehr Energie in die Bewegung der Kapsel bringt», erklärt Tim Saal, verantwortlich für das Gesamtprojekt. Weil dieses Jahr kein Wettbewerb stattfindet, entwickeln die Studenten einen kleineren Prototyp. «In der wettbewerbsfähigen Dimension erreichen wir eine Leistung von 1,2 Megawatt, was ungefähr 1500 Pferdestärken entspricht. Damit bewegen wir uns im Bereich eines Bugatti Chiron», ergänzt Strässle. Punkto Geschwindigkeit würde der Pod die meisten Sportwagen sogar in den Schatten stellen: In voller Grösse erreicht die Kapsel über 500 Kilometer pro Stunde – fast die Hälfte der Schallgeschwindigkeit. 

Ein Transportsystem wie Hyperloop würde es uns beispielsweise erlauben, in Zürich zu wohnen und in Paris zu arbeiten.

Rennen um die erste Hyperloop-Strecke

„Ein Transportsystem wie Hyperloop würde es uns beispielsweise erlauben, in Zürich zu wohnen und in Paris zu arbeiten. Die Welt dürfte deutlich mobiler werden“, meint Strässle. Und gemäss Musk könnte man mit dem Hyperloop schneller als mit dem Flugzeug, ja sogar günstiger und umweltfreundlicher als mit dem Zug reisen. Der Konjunktiv lässt erahnen: die Umsetzung liegt in der Ferne. Doch zahlreiche Unternehmen und Start-Ups wetteifern jetzt um den Bau der weltweit ersten kommerziell genutzten Hyperloop-Strecke. Mit dabei ist auch Virgin. Richard Bransons Unternehmen hat bereits den Bau von zehn Hyperloop-Strecken in fünf verschiedenen Ländern angekündigt. Stehen tut noch nichts. Auch das holländische Start-Up Hardt Hyperloop, das sich aus einem ehemaligen Studenten-Team, vergleichbar mit Swissloop, entwickelt hat, will ein europaweites Hyperloop-System realisieren. Der Termin für die Jungfernfahrt steht noch in den Sternen. Doch die Ernsthaftigkeit, mit der die Technologie vorangetrieben wird, lässt Raum für Hoffnung auf eine baldige, nachhaltige Alternative zum Flugverkehr.

Auf zur Teststrecke

In der Werkstatt arbeiten die Studenten derweil penibel an technischen Details und merzen Fehler in der Programmierung aus. Mittlerweile haben sie die letzten Anpassungen für die Testfahrt auf der 120-Meter-Teststrecke der EMPA vorgenommen. Gemeinsam hieven sie das windschlüpfrige Gehäuse auf den Pod. Das Gehäuse wurde von Eric Weber, Student an der Zürcher Hochschule der Künste, gestaltet und von allen zusammen in stundenlanger Arbeit in Form geschliffen. Auch dies ist eine Verbesserung gegenüber dem vorjährigen Modell: „Die Transportkapsel kann mit Hülle auf Maximalgeschwindigkeit beschleunigen. Vor einem Jahr musste die Hülle dafür noch entfernt werden“, sagt Strässle, während er sorgfältig mit dem Team eine Checkliste abarbeitet – eine Sicherheitsroutine vor jedem Start. Heute wird allerdings noch ohne Kapsel getestet.

Detektivische Suche nach Fehlern

Nun warten alle in gebührendem Sicherheitsabstand zum Geleise gebannt auf den Start. Kurz beschleunigt das Gefährt um dann einen halben Meter später unter pneumatischem Pressluftgeräusch wieder zum Stillstand zu kommen. Ein Fehler ist aufgetreten. Es gilt, diesen zu lokalisieren und herauszufinden, wodurch der Notstopp eingeleitet wurde. Philip Wiese, der unter anderem die Software für das Monitoring Cockpit entwickelt hat, sucht im Protokoll nach der Ursache des Fehlers. „Dieser könnte entweder in einem inkorrekt messenden Sensor, der Schaltung des Inverters oder bei der Batterie liegen“, erklärt Luca Rufer, der für die Hardware- und Software-Entwicklung in der Schnittstelle zwischen Batterie und Inverter verantwortlich ist. Gemeinsam mit Anna Huwyler, zuständig für die Entwicklung der Batterie, sucht er nach dem Fehler. Einige Minuten und zwei Anläufe später klappt alles und die Transportkapsel bewegt sich souverän im Schritttempo auf der Schiene vorwärts.

Wann ist Hyperloop Realität?

„Es ist schon bemerkenswert,“ meint Tim Saal, „während wir hier in mühseliger Ingenieursarbeit die perfekte Transportkapsel anstreben, redet man andernorts bereits über die ersten kommerziellen Highspeed-Strecken.“ Tatsächlich scheinen die Herausforderungen auf diesem Weg noch gigantisch: „Finanzierung, Sicherheitsschranken und rechtliche Implikationen, die Energiespeisung oder auch die Frage, wie man rasch und effizient ein Teilvakuum in einer Röhre auf hunderte Kilometer Länge erzeugen kann, bleiben noch unbeantwortet“, so Saal. Aktuell arbeiten die Studenten mit dem Ziel, die Transportkapsel schneller und effizienter zu bauen. Dabei profitieren sie enorm vom Praxistransfer und dem Austausch mit Kollegen und Industriepartnern.

Doch die Frage bleibt im Raum: wann werden alle Hürden aus dem Weg geräumt sein und wann kann man tatsächlich mit der ersten etablierten Hyperloop-Strecke rechnen? „Vielleicht in 15-20 Jahren“, so die Schätzung von Tim Saal, „allerdings nur, wenn jetzt richtig investiert und die Technologie von der Industrie auch vorangetrieben wird.“

Ein Transportsystem wie Hyperloop würde es uns beispielsweise erlauben, in Zürich zu wohnen und in Paris zu arbeiten.

Rennen um die erste Hyperloop-Strecke

„Ein Transportsystem wie Hyperloop würde es uns beispielsweise erlauben, in Zürich zu wohnen und in Paris zu arbeiten. Die Welt dürfte deutlich mobiler werden“, meint Strässle. Und gemäss Musk könnte man mit dem Hyperloop schneller als mit dem Flugzeug, ja sogar günstiger und umweltfreundlicher als mit dem Zug reisen. Der Konjunktiv lässt erahnen: die Umsetzung liegt in der Ferne. Doch zahlreiche Unternehmen und Start-Ups wetteifern jetzt um den Bau der weltweit ersten kommerziell genutzten Hyperloop-Strecke. Mit dabei ist auch Virgin. Richard Bransons Unternehmen hat bereits den Bau von zehn Hyperloop-Strecken in fünf verschiedenen Ländern angekündigt. Stehen tut noch nichts. Auch das holländische Start-Up Hardt Hyperloop, das sich aus einem ehemaligen Studenten-Team, vergleichbar mit Swissloop, entwickelt hat, will ein europaweites Hyperloop-System realisieren. Der Termin für die Jungfernfahrt steht noch in den Sternen. Doch die Ernsthaftigkeit, mit der die Technologie vorangetrieben wird, lässt Raum für Hoffnung auf eine baldige, nachhaltige Alternative zum Flugverkehr.

Auf zur Teststrecke

In der Werkstatt arbeiten die Studenten derweil penibel an technischen Details und merzen Fehler in der Programmierung aus. Mittlerweile haben sie die letzten Anpassungen für die Testfahrt auf der 120-Meter-Teststrecke der EMPA vorgenommen. Gemeinsam hieven sie das windschlüpfrige Gehäuse auf den Pod. Das Gehäuse wurde von Eric Weber, Student an der Zürcher Hochschule der Künste, gestaltet und von allen zusammen in stundenlanger Arbeit in Form geschliffen. Auch dies ist eine Verbesserung gegenüber dem vorjährigen Modell: „Die Transportkapsel kann mit Hülle auf Maximalgeschwindigkeit beschleunigen. Vor einem Jahr musste die Hülle dafür noch entfernt werden“, sagt Strässle, während er sorgfältig mit dem Team eine Checkliste abarbeitet – eine Sicherheitsroutine vor jedem Start. Heute wird allerdings noch ohne Kapsel getestet.

Detektivische Suche nach Fehlern

Nun warten alle in gebührendem Sicherheitsabstand zum Geleise gebannt auf den Start. Kurz beschleunigt das Gefährt um dann einen halben Meter später unter pneumatischem Pressluftgeräusch wieder zum Stillstand zu kommen. Ein Fehler ist aufgetreten. Es gilt, diesen zu lokalisieren und herauszufinden, wodurch der Notstopp eingeleitet wurde. Philip Wiese, der unter anderem die Software für das Monitoring Cockpit entwickelt hat, sucht im Protokoll nach der Ursache des Fehlers. „Dieser könnte entweder in einem inkorrekt messenden Sensor, der Schaltung des Inverters oder bei der Batterie liegen“, erklärt Luca Rufer, der für die Hardware- und Software-Entwicklung in der Schnittstelle zwischen Batterie und Inverter verantwortlich ist. Gemeinsam mit Anna Huwyler, zuständig für die Entwicklung der Batterie, sucht er nach dem Fehler. Einige Minuten und zwei Anläufe später klappt alles und die Transportkapsel bewegt sich souverän im Schritttempo auf der Schiene vorwärts.

Wann ist Hyperloop Realität?

„Es ist schon bemerkenswert,“ meint Tim Saal, „während wir hier in mühseliger Ingenieursarbeit die perfekte Transportkapsel anstreben, redet man andernorts bereits über die ersten kommerziellen Highspeed-Strecken.“ Tatsächlich scheinen die Herausforderungen auf diesem Weg noch gigantisch: „Finanzierung, Sicherheitsschranken und rechtliche Implikationen, die Energiespeisung oder auch die Frage, wie man rasch und effizient ein Teilvakuum in einer Röhre auf hunderte Kilometer Länge erzeugen kann, bleiben noch unbeantwortet“, so Saal. Aktuell arbeiten die Studenten mit dem Ziel, die Transportkapsel schneller und effizienter zu bauen. Dabei profitieren sie enorm vom Praxistransfer und dem Austausch mit Kollegen und Industriepartnern.

Doch die Frage bleibt im Raum: wann werden alle Hürden aus dem Weg geräumt sein und wann kann man tatsächlich mit der ersten etablierten Hyperloop-Strecke rechnen? „Vielleicht in 15-20 Jahren“, so die Schätzung von Tim Saal, „allerdings nur, wenn jetzt richtig investiert und die Technologie von der Industrie auch vorangetrieben wird.“

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