Energie aus Atommüll - wie geht das?

Die Debatte um die Zukunft der Atomkraft hat in der Schweiz wieder volle Fahrt aufgenommen. Doch die Skepsis bleibt. Neue Technologien versprechen Abhilfe bei den drängendsten Herausforderungen in der Nutzung der Kernkraft. Das Genfer Start-up Transmutex setzt auf Recycling.

Irene M. Wrabel
18. Oktober 2024
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Im Reaktor von Transmutex erzwingt ein Teilchenbeschleuniger die erwünschte Reaktion - Foto: Transmutex

Wie können die beiden grössten Herausforderungen in der Nutzung der Atomkraft beherrschbar werden? Franklin Servan-Schreiber möchte mit seinem Unternehmen Transmutex eine Lösung für den dabei entstehenden hochradioaktiven Müll und die daraus resultierende Entsorgungsproblematik bieten. Dazu soll die Nutzung der Kernenergie zukünftig risikoärmer werden. «Wenn wir die Probleme mit der Sicherheit und den langlebigen Abfällen der Kernenergie lösen können, verbessert das die Lebensqualität zum Nutzen aller», so der Frankoschweizer Unternehmer. «Wir möchten so unseren Beitrag zur Energiewende leisten.»

Wie können die beiden grössten Herausforderungen in der Nutzung der Atomkraft beherrschbar werden? Franklin Servan-Schreiber möchte mit seinem Unternehmen Transmutex eine Lösung für den dabei entstehenden hochradioaktiven Müll und die daraus resultierende Entsorgungsproblematik bieten. Dazu soll die Nutzung der Kernenergie zukünftig risikoärmer werden. «Wenn wir die Probleme mit der Sicherheit und den langlebigen Abfällen der Kernenergie lösen können, verbessert das die Lebensqualität zum Nutzen aller», so der Frankoschweizer Unternehmer. «Wir möchten so unseren Beitrag zur Energiewende leisten.»

Franklin Servan-Schreiber, CEO Transmutex

Über Transmutex

Transmutex wurde 2019 von Franklin Servan-Schreiber gegründet. Am Sitz in Vernier sind heute
38 Mitarbeitende aus 16 Nationen beschäftigt. Die Mission ist es, CO2-freie Energie durch Verwendung und Rezyklieren existierender nuklearer Abfälle als Brennstoff in einem beschleunigergetriebenen, unterkritischen Thorium-Reaktor zu erzeugen.

Transmutex wurde 2019 von Franklin Servan-Schreiber gegründet. Am Sitz in Vernier sind heute
38 Mitarbeitende aus 16 Nationen beschäftigt. Die Mission ist es, CO2-freie Energie durch Verwendung und Rezyklieren existierender nuklearer Abfälle als Brennstoff in einem beschleunigergetriebenen, unterkritischen Thorium-Reaktor zu erzeugen.

Kernenergie ohne hochradioaktiven Abfall

Transmutex hat seinen Sitz in Genf, unweit der Europäischen Organisation für Kernforschung CERN. Das aus gutem Grund, denn der Schlüssel für diese neue Technologie liegt in der Teilchenbeschleunigung. Der Physik-Nobelpreisträger Carlo Rubbia, von 1989 bis 1993 Generaldirektor des CERN, hatte dort bereits vor mehr als 30 Jahren einen neuartigen Reaktor erdacht, der praktisch keinen langlebigen Abfall produziert. Dieser Reaktortyp nutzt als Brennstoff das leicht radioaktive Metall Thorium anstelle von Uran.

Grosse Fortschritte der Wissenschaft

Eben diese Thorium-Reaktoren entwickelt nun Transmutex weiter. «In den letzten Jahrzehnten hat die Wissenschaft in vielen Bereichen grosse Fortschritte gemacht, etwa bei der Entwicklung leistungsfähiger Steuerungssoftware. Die Zeit ist nun reif für diese Technologie», sagt der CEO. Das Prinzip, auf das Transmutex setzt, ist dasselbe wie bei herkömmlichen Kernkraftwerken. Beim Prozess der Kernspaltung wird Energie frei. Den entscheidenden Unterschied macht der Teilchenbeschleuniger, der die Reaktion erzwingt. Sie kann sich nicht selbst erhalten und endet innerhalb von zwei Millisekunden, sobald der Beschleuniger abgeschaltet wird.

Kernenergie ohne hochradioaktiven Abfall

Transmutex hat seinen Sitz in Genf, unweit der Europäischen Organisation für Kernforschung CERN. Das aus gutem Grund, denn der Schlüssel für diese neue Technologie liegt in der Teilchenbeschleunigung. Der Physik-Nobelpreisträger Carlo Rubbia, von 1989 bis 1993 Generaldirektor des CERN, hatte dort bereits vor mehr als 30 Jahren einen neuartigen Reaktor erdacht, der praktisch keinen langlebigen Abfall produziert. Dieser Reaktortyp nutzt als Brennstoff das leicht radioaktive Metall Thorium anstelle von Uran.

Grosse Fortschritte der Wissenschaft

Eben diese Thorium-Reaktoren entwickelt nun Transmutex weiter. «In den letzten Jahrzehnten hat die Wissenschaft in vielen Bereichen grosse Fortschritte gemacht, etwa bei der Entwicklung leistungsfähiger Steuerungssoftware. Die Zeit ist nun reif für diese Technologie», sagt der CEO. Das Prinzip, auf das Transmutex setzt, ist dasselbe wie bei herkömmlichen Kernkraftwerken. Beim Prozess der Kernspaltung wird Energie frei. Den entscheidenden Unterschied macht der Teilchenbeschleuniger, der die Reaktion erzwingt. Sie kann sich nicht selbst erhalten und endet innerhalb von zwei Millisekunden, sobald der Beschleuniger abgeschaltet wird.

Das Reaktorkonzept von Transmutex

Die Wiederverwendung von Ressourcen sollte auch bei radioaktivem Abfall dem Gebot der Nachhaltigkeit folgen

Dieser Thorium-Reaktor läuft nur, solange der Brennstoff aktiv mit einem hochenergetischen Protonenstrahl aus einem Teilchenbeschleuniger beschossen wird. Im Gegensatz zu allen anderen Reaktortypen, die auf einer sich selbst erhaltenden Reaktion beruhen, findet jedoch ohne den Betrieb des Beschleunigers keine unabhängige Kettenreaktion statt. Zu einer Kernschmelze wie bei den Katastrophen in Tschernobyl oder Fukushima kann es also erst gar nicht kommen.

Die Wiederverwendung von Ressourcen sollte auch bei radioaktivem Abfall dem Gebot der Nachhaltigkeit folgen

Dieser Thorium-Reaktor läuft nur, solange der Brennstoff aktiv mit einem hochenergetischen Protonenstrahl aus einem Teilchenbeschleuniger beschossen wird. Im Gegensatz zu allen anderen Reaktortypen, die auf einer sich selbst erhaltenden Reaktion beruhen, findet jedoch ohne den Betrieb des Beschleunigers keine unabhängige Kettenreaktion statt. Zu einer Kernschmelze wie bei den Katastrophen in Tschernobyl oder Fukushima kann es also erst gar nicht kommen.

Nachhaltiges recycling für Atommüll

Diese Reaktortechnologie, in Verbindung mit thoriumbasiertem Brennstoff, ist auch der Schlüssel für die Verwertung des Atommülls. Transmutex hat ein Verfahren entwickelt, um die abgebrannten Brennstäbe, die nach aktuellem Entsorgungskonzept mindestens 300 000 Jahre
in Tiefenlager verbracht werden müssen, zu rezyklieren. Denn darin sind sehr viele Rohstoffe enthalten, die man weiter verwerten kann. «Caesium, Rhodium oder Ruthenium etwa, um nur einige zu nennen, sind wertvolle Rohstoffe, die in der Industrie oder der medizinischen Forschung nutzbringend weiterverwertet werden können », sagt Servan-Schreiber.

Restmüll nur noch 500 Jahre lagern

«Ebenso wie Radioisotope, die sehr wertvoll für die radiologische Medizin sind, können wir all diese Stoffe aus den abgebrannten Brennstäben gewinnen. Die Wiederverwendung von Ressourcen sollte auch bei radioaktivem Abfall dem Gebot der Nachhaltigkeit folgen.» Die Kombination aus Recycling und Thorium-Reaktor würde bedingen, dass so mit dem Atommüll Energie erzeugt werden kann. Zwar bleibt auch dann noch radioaktiver Müll übrig, doch dieser Restmüll strahlt nur noch maximal 500 Jahre. «Das ist ein extremer Perspektivenwechsel, denn 500 Jahre sind, im Vergleich zu den mindestens 300 000 Jahren, die man den Müll aktuell lagern müsste, ein Zeitraum, der noch innerhalb der menschlichen Vorstellungskraft liegt.»

Damit könnte man die Zukunft der Menschheit auf Jahrtausende hinaus sicherer machen

Zwar müssten auch mit dieser Technologie noch Tiefenlager erstellt werden, aber für weniger langlebige radioaktive Stoffe, welche weniger kompliziert zu lagern sind. «Damit könnte man nicht nur die Zukunft der Menschheit auf Jahrtausende hinaus sicherer machen, sondern auch immense Summen für das Einbunkern der Abfälle sparen», resümiert Franklin Servan-Schreiber. Ein weiteres Argument für Thorium: Die weltweiten Vorräte sind viel grösser, der Abbau ist risikoärmer. Zudem ist die Umwandlung in waffenfähiges Material kaum oder nur mit immensem Technologieeinsatz möglich.

Nachhaltiges recycling für Atommüll

Diese Reaktortechnologie, in Verbindung mit thoriumbasiertem Brennstoff, ist auch der Schlüssel für die Verwertung des Atommülls. Transmutex hat ein Verfahren entwickelt, um die abgebrannten Brennstäbe, die nach aktuellem Entsorgungskonzept mindestens 300 000 Jahre
in Tiefenlager verbracht werden müssen, zu rezyklieren. Denn darin sind sehr viele Rohstoffe enthalten, die man weiter verwerten kann. «Caesium, Rhodium oder Ruthenium etwa, um nur einige zu nennen, sind wertvolle Rohstoffe, die in der Industrie oder der medizinischen Forschung nutzbringend weiterverwertet werden können », sagt Servan-Schreiber.

Restmüll nur noch 500 Jahre lagern

«Ebenso wie Radioisotope, die sehr wertvoll für die radiologische Medizin sind, können wir all diese Stoffe aus den abgebrannten Brennstäben gewinnen. Die Wiederverwendung von Ressourcen sollte auch bei radioaktivem Abfall dem Gebot der Nachhaltigkeit folgen.» Die Kombination aus Recycling und Thorium-Reaktor würde bedingen, dass so mit dem Atommüll Energie erzeugt werden kann. Zwar bleibt auch dann noch radioaktiver Müll übrig, doch dieser Restmüll strahlt nur noch maximal 500 Jahre. «Das ist ein extremer Perspektivenwechsel, denn 500 Jahre sind, im Vergleich zu den mindestens 300 000 Jahren, die man den Müll aktuell lagern müsste, ein Zeitraum, der noch innerhalb der menschlichen Vorstellungskraft liegt.»

Damit könnte man die Zukunft der Menschheit auf Jahrtausende hinaus sicherer machen

Zwar müssten auch mit dieser Technologie noch Tiefenlager erstellt werden, aber für weniger langlebige radioaktive Stoffe, welche weniger kompliziert zu lagern sind. «Damit könnte man nicht nur die Zukunft der Menschheit auf Jahrtausende hinaus sicherer machen, sondern auch immense Summen für das Einbunkern der Abfälle sparen», resümiert Franklin Servan-Schreiber. Ein weiteres Argument für Thorium: Die weltweiten Vorräte sind viel grösser, der Abbau ist risikoärmer. Zudem ist die Umwandlung in waffenfähiges Material kaum oder nur mit immensem Technologieeinsatz möglich.

Wie geht es weiter? 

Es stellt sich die Frage, wie schnell Transmutex überhaupt das erste produktive Kraftwerk erstellen könnte. «Für die Erstellung der ersten Kraftwerke werden wir realistischerweise etwa zehn Jahre brauchen», sagt Franklin Servan-Schreiber. «Doch bis 2035 könnten wir die ersten Anlagen in Betrieb nehmen.» 

Diese werden aber sicher nicht in der Schweiz stehen. Laut bestehender Gesetzeslage ist der Bau solcher Thorium-Reaktoren, wie auch das Rezyklieren der abgebrannten Brennelemente bei uns nicht zulässig. Das aktuelle Konzept sieht in der Schweiz einzig die direkte Einlagerung von hochradioaktivem langlebigem Abfall und abgebrannter Brennelemente in einem geologischen Tiefenlager vor. Doch die Diskussion, welche Rolle die Kernenergie zukünftig in unserer Energieversorgung spielen soll, ist lanciert.

Wie geht es weiter? 

Es stellt sich die Frage, wie schnell Transmutex überhaupt das erste produktive Kraftwerk erstellen könnte. «Für die Erstellung der ersten Kraftwerke werden wir realistischerweise etwa zehn Jahre brauchen», sagt Franklin Servan-Schreiber. «Doch bis 2035 könnten wir die ersten Anlagen in Betrieb nehmen.» 

Diese werden aber sicher nicht in der Schweiz stehen. Laut bestehender Gesetzeslage ist der Bau solcher Thorium-Reaktoren, wie auch das Rezyklieren der abgebrannten Brennelemente bei uns nicht zulässig. Das aktuelle Konzept sieht in der Schweiz einzig die direkte Einlagerung von hochradioaktivem langlebigem Abfall und abgebrannter Brennelemente in einem geologischen Tiefenlager vor. Doch die Diskussion, welche Rolle die Kernenergie zukünftig in unserer Energieversorgung spielen soll, ist lanciert.

Transmutex will die Kernenergie neu denken
transmutex.com