«Wir müssen auch in Zukunft kräftig ins Stromnetz investieren»

Der Ausbau der Solarenergie ist essenziell, wenn die Schweiz ihre Energieziele erreichen will. Doch die Erneuerbaren stellen das Stromnetz vor grosse Belastungsproben. Was EKZ tut, dass es auch in Zukunft damit fertig wird.

Luc Descombes
21. Mai 2025
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Bilder: Severin Jakob, Herbert Zimmermann & Norbert Egli - Mehr wetterabhängige Energiequellen bedeuten grössere Belastungen für das Stromnetz. Deshalb baut EKZ dieses aktuell sehr stark aus. Auch durch den Zürichsee führen die Stromkabel.

Bis 2050 will die Schweiz ihre Energieziele erreichen. Die Elektrifizierung unserer Energieversorgung ist der Königsweg dazu. Fossile Heizungen werden durch Wärmepumpen, Benziner und Diesel durch Elektroautos ersetzt. Damit dieser Plan aufgeht, werden wir dereinst deutlich mehr Strom benötigen. Strom, der zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen soll. «Weil die Stromproduktion dadurch dezentraler und vor allem volatiler wird, kommen grosse Herausforderungen auf das Stromnetz zu», so Daniel Bucher, Leiter Geschäftsbereich Netze, im Interview.

Bis 2050 will die Schweiz ihre Energieziele erreichen. Die Elektrifizierung unserer Energieversorgung ist der Königsweg dazu. Fossile Heizungen werden durch Wärmepumpen, Benziner und Diesel durch Elektroautos ersetzt. Damit dieser Plan aufgeht, werden wir dereinst deutlich mehr Strom benötigen. Strom, der zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen soll. «Weil die Stromproduktion dadurch dezentraler und vor allem volatiler wird, kommen grosse Herausforderungen auf das Stromnetz zu», so Daniel Bucher, Leiter Geschäftsbereich Netze, im Interview.

Daniel Bucher vor Transformatoren
Daniel Bucher ist mit seinem Team verantwortlich für das Stromnetz im Versorgungsgebiet von EKZ.
Bild: Severin Jakob

Ausbau der Erneuerbaren

Im vergangenen Jahr hat die Schweizer Stimmbevölkerung beschlossen, den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen. Bis 2035 müssen, ohne die Wasserkraft, 35 Terawattstunden Strom aus neuen regenerativen Energiequellen wie Sonne, Wind und Biogas stammen. «Das ist mehr als die Hälfte des gesamten Schweizer Stromverbrauchs von heute», so Bucher.

Belastungsprobe für die Stromverteilung

Um zu visualisieren, was dies für die Stromverteilung bedeutet, skizziert Bucher eines der herausforderndsten Szenarios: «Es ist Hochsommer, 12 Uhr mittags. Über dem halben Kanton Zürich wird die Sonne von einer Wolke verdeckt. Deshalb fliesst nur wenig Solarstrom durchs Stromnetz. Trotzdem muss die Netzfrequenz stabil bei 50 Hertz gehalten werden», erklärt Bucher. Dazu braucht es Energie aus Wasser- oder Kernkraft. «Doch plötzlich klärt es auf. Innert Sekunden scheint die Sonne mit voller Kraft. Sämtliche Solaranlagen produzieren jetzt mit maximaler Leistung. Nur wohin mit dem Strom?» Weil dann viele in den Ferien seien, erklärt Bucher, werde nur wenig Strom gebraucht. Das Netz müsse sich nun voll dem Sonnenstrom widmen, diesen aufnehmen und abtransportieren: «Eine so plötzliche Umkehr der Stromrichtung hat das Netz bisher nicht gekannt.»

Ausbau der Erneuerbaren

Im vergangenen Jahr hat die Schweizer Stimmbevölkerung beschlossen, den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen. Bis 2035 müssen, ohne die Wasserkraft, 35 Terawattstunden Strom aus neuen regenerativen Energiequellen wie Sonne, Wind und Biogas stammen. «Das ist mehr als die Hälfte des gesamten Schweizer Stromverbrauchs von heute», so Bucher.

Belastungsprobe für die Stromverteilung

Um zu visualisieren, was dies für die Stromverteilung bedeutet, skizziert Bucher eines der herausforderndsten Szenarios: «Es ist Hochsommer, 12 Uhr mittags. Über dem halben Kanton Zürich wird die Sonne von einer Wolke verdeckt. Deshalb fliesst nur wenig Solarstrom durchs Stromnetz. Trotzdem muss die Netzfrequenz stabil bei 50 Hertz gehalten werden», erklärt Bucher. Dazu braucht es Energie aus Wasser- oder Kernkraft. «Doch plötzlich klärt es auf. Innert Sekunden scheint die Sonne mit voller Kraft. Sämtliche Solaranlagen produzieren jetzt mit maximaler Leistung. Nur wohin mit dem Strom?» Weil dann viele in den Ferien seien, erklärt Bucher, werde nur wenig Strom gebraucht. Das Netz müsse sich nun voll dem Sonnenstrom widmen, diesen aufnehmen und abtransportieren: «Eine so plötzliche Umkehr der Stromrichtung hat das Netz bisher nicht gekannt.»

Strom fliesst neu in beide Richtungen 

«Unsere Energieziele können wir nur erreichen, wenn wir jetzt die Weichen im Netzbau richtig stellen», so Bucher. Wo früher der Strom lediglich in eine Richtung floss, nämlich vom Kraftwerk zum Haushalt, fliesse er heute auch in die entgegengesetzte Richtung. Von der Solaranlage eines Hauses zurück ins Stromnetz und weiter zu einem Verbraucher oder Stromspeicher. Diese Bidirektionalität zu beherrschen, sei technisch anspruchsvoll. In gewissen Gebieten sei die Netzkapazität durch den bereits erfolgten grossen Zubau von PV-Anlagen schon erschöpft: «Dort müssen wir das Netz zuerst verstärken, bevor weitere Solaranlagen angeschlossen werden können.»

Strom fliesst neu in beide Richtungen 

«Unsere Energieziele können wir nur erreichen, wenn wir jetzt die Weichen im Netzbau richtig stellen», so Bucher. Wo früher der Strom lediglich in eine Richtung floss, nämlich vom Kraftwerk zum Haushalt, fliesse er heute auch in die entgegengesetzte Richtung. Von der Solaranlage eines Hauses zurück ins Stromnetz und weiter zu einem Verbraucher oder Stromspeicher. Diese Bidirektionalität zu beherrschen, sei technisch anspruchsvoll. In gewissen Gebieten sei die Netzkapazität durch den bereits erfolgten grossen Zubau von PV-Anlagen schon erschöpft: «Dort müssen wir das Netz zuerst verstärken, bevor weitere Solaranlagen angeschlossen werden können.»

Ein Haus mit einer Solaranlage
Viele Solaranlagen kommen in den nächsten zehn Jahren ans Netz, damit die Schweiz ihre Energieziele erreichen kann.
BILD: Herbert Zimmermann

Physikalischer und digitaler Netzausbau

Um es auf die neuen Anforderungen vorzubereiten, investiert EKZ sehr viel Geld und Arbeitskraft in den Ausbau des Stromnetzes. Es wird einerseits digitalisiert und andererseits mit innovativen Technologien intelligent gemacht. EKZ wird dadurch die Lastflüsse zukünftig noch differenzierter steuern und den Strom in Phasen hoher Produktion, zum Beispiel eben im Hochsommer bei Höchststand der Sonne, sinnvoll verteilen können, auch wenn gerade wenig Strom verbraucht wird. Gemäss Bucher reicht es aber nicht, das Netz allein mit Digitalisierung und künstlicher Intelligenz zu optimieren. Es muss zusätzlich leistungsfähiger werden: «Die Bedeutung des physikalischen Netzausbaus wird leider immer noch komplett unterschätzt», erklärt Bucher. Die Digitalisierung sei nur die eine Seite der Medaille. Das Stromnetz müsse auch physikalisch verstärkt werden, indem neue Stromkabel verlegt, Unterwerke und Trafostationen erneuert oder neu gebaut werden. Die Energiewende gelinge nur, wenn wir jetzt sowohl im digitalen als auch im physikalischen Bereich unsere Hausaufgaben machen.

Physikalischer und digitaler Netzausbau

Um es auf die neuen Anforderungen vorzubereiten, investiert EKZ sehr viel Geld und Arbeitskraft in den Ausbau des Stromnetzes. Es wird einerseits digitalisiert und andererseits mit innovativen Technologien intelligent gemacht. EKZ wird dadurch die Lastflüsse zukünftig noch differenzierter steuern und den Strom in Phasen hoher Produktion, zum Beispiel eben im Hochsommer bei Höchststand der Sonne, sinnvoll verteilen können, auch wenn gerade wenig Strom verbraucht wird. Gemäss Bucher reicht es aber nicht, das Netz allein mit Digitalisierung und künstlicher Intelligenz zu optimieren. Es muss zusätzlich leistungsfähiger werden: «Die Bedeutung des physikalischen Netzausbaus wird leider immer noch komplett unterschätzt», erklärt Bucher. Die Digitalisierung sei nur die eine Seite der Medaille. Das Stromnetz müsse auch physikalisch verstärkt werden, indem neue Stromkabel verlegt, Unterwerke und Trafostationen erneuert oder neu gebaut werden. Die Energiewende gelinge nur, wenn wir jetzt sowohl im digitalen als auch im physikalischen Bereich unsere Hausaufgaben machen.

Zwei EKZ-Mitarbeiter in einer Trafostation
Im vergangenen Jahr hat EKZ fast 4000 Solaranlagen ans Zürcher Stromnetz angeschlossen. Allein 2025 werden über 30 neue Trafostationen gebaut.
FOTO: Norbert Egli
Ein Stromnetz, das mitdenkt

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«Das Stromnetz stösst in einigen Quartieren bereits an seine Grenzen»

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