«Die Tiefenlagerung ist die sicherste Lösung für das Atommüll-Problem»

Im Zürcher Unterland will die Nagra ein Tiefenlager für nukleare Abfälle aus der Kernenergie errichten. Wir haben mit der Nagra über ihr Vorhaben gesprochen.

Luc Descombes
15. Mai 2025
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Patrick Studer, Leiter Kommunikation und Mediensprecher der Nagra, beantwortet im Interview kritische Fragen zum geplanten Tiefenlager der Nagra in der Region Nördlich Lägern. Bilder: Nagra

Patrick Studer, warum ist die Tiefenlagerung die geeignete Lösung zur Entsorgung unseres Atommülls?

In der Wissenschaft herrscht Konsens darüber, dass die Tiefenlagerung aktuell die sicherste Lösung bietet, um radioaktive Abfälle über sehr lange Zeiträume zu entsorgen. Die Risiken einer Endlagerung an der Oberfläche können wir nicht über Jahrhunderttausende prognostizieren. Denn wir wissen nicht, wie sich unsere Gesellschaften entwickeln werden. Schauen Sie sich zur Verdeutlichung die geopolitischen Verwerfungen der letzten Jahre an. Mit einem Tiefenlager an geeigneter Stelle auf rund 800 Metern Tiefe bewegen wir uns dagegen auf geologischen Zeitskalen. Die Geologie wurde  sehr genau erforscht, weshalb wir die langfristigen Risiken abschätzen und prognostizieren können.

Patrick Studer, warum ist die Tiefenlagerung die geeignete Lösung zur Entsorgung unseres Atommülls?

In der Wissenschaft herrscht Konsens darüber, dass die Tiefenlagerung aktuell die sicherste Lösung bietet, um radioaktive Abfälle über sehr lange Zeiträume zu entsorgen. Die Risiken einer Endlagerung an der Oberfläche können wir nicht über Jahrhunderttausende prognostizieren. Denn wir wissen nicht, wie sich unsere Gesellschaften entwickeln werden. Schauen Sie sich zur Verdeutlichung die geopolitischen Verwerfungen der letzten Jahre an. Mit einem Tiefenlager an geeigneter Stelle auf rund 800 Metern Tiefe bewegen wir uns dagegen auf geologischen Zeitskalen. Die Geologie wurde  sehr genau erforscht, weshalb wir die langfristigen Risiken abschätzen und prognostizieren können.

Das Jahrhundertprojekt in Zahlen

  • Lagerungstiefe: 800 Meter
  • Lagerungsdauer: Bis zu eine Million Jahre
  • Kosten: ca. 12 Milliarden Franken
  • Lagerungstiefe: 800 Meter
  • Lagerungsdauer: Bis zu eine Million Jahre
  • Kosten: ca. 12 Milliarden Franken
Der Bohrplatz der Nagra in Stadel
Der Bohrplatz der Nagra in Stadel
Arbeiter im Felsenlabor Grimsel
Das Felsenlabor Grimsel liegt 450 Meter tief unter dem Juchlistock, 1730 Meter über Meer in granitischen Gesteinen des Aarmassivs. Hier gibt es ideale Rahmenbedingungen für verschiedenste Experimente. Im Massstab 1:1 künftiger Tiefenlager wird geprüft, wie gut der Einschluss radioaktiver Substanzen in Stollen und im Felsen funktionieren. International einzigartig ist: Im Felslabor Grimsel dürfen Wissenschafter kleinste Mengen an radioaktiven Substanzen einsetzen, um den Transport dieser Substanzen direkt im Gestein zu untersuchen.

Wieso müssen radioaktive Abfälle so lange gelagert werden?

Weil sie über Jahrtausende hinweg gefährliche Strahlung abgeben. Viele radioaktive Isotope haben lange Halbwertszeiten, wie z.B. Plutonium-239 (über 24‘000 Jahre). Diese Strahlung kann gesundheitliche Schäden verursachen. Um die Umwelt und Menschen zu schützen, muss der Müll aktuell über lange Zeiträume in sicheren, geologisch stabilen Tiefenlagern isoliert werden, bis die Strahlung ausreichend abgeklungen ist.

Weil sie über Jahrtausende hinweg gefährliche Strahlung abgeben. Viele radioaktive Isotope haben lange Halbwertszeiten, wie z.B. Plutonium-239 (über 24‘000 Jahre). Diese Strahlung kann gesundheitliche Schäden verursachen. Um die Umwelt und Menschen zu schützen, muss der Müll aktuell über lange Zeiträume in sicheren, geologisch stabilen Tiefenlagern isoliert werden, bis die Strahlung ausreichend abgeklungen ist.

Den optimalen Standort haben Sie nun im Raum Nördlich Lägern bei der Gemeinde Stadel gefunden?

Genau. Wir haben schweizweit sehr lange nach dem geeignetsten Standort gesucht. In der Region Nördlich Lägern im Zürcher Unterland sind wir auf eine Gesteinsqualität gestossen, die sich für ein Tiefenlager sehr gut eignet. An dieser Stelle schliesst das Gestein den hochradioaktiven Abfall über Zeiträume von bis zu einer Million Jahre am besten ein. Zudem haben wir dort viel Platz, so dass wir flexibel sind und das Lager genauso bauen können, wie wir es uns vorstellen.

Gibt es international Beispiele für ein solches Tiefenlager, wie es die Nagra plant?

Tiefenlager zur Endlagerung von hochradioaktiven Abfällen sind tatsächlich noch keine in Betrieb. In Finnland testet man jedoch bereits die Einlagerung und in Schweden wurde die Baubewilligung für ein Tiefenlager für hochradioaktive Abfälle erteilt. Auch in Frankreich ist man schon weit. Für schwach- und mittelradioaktive Abfälle bestehen bereits mehrere Tiefenlager.

Wir werden den Grenzwert des Bundes um den Faktor 1000 unterschreiten

Nach 10'000 Jahren soll radioaktives Material aus dem Tiefenlager in die Biosphäre übertreten. Was entgegnen Sie den kritischen Stimmen, die deshalb ein Tiefenlager ablehnen?

Es ist richtig, dass ein Tiefenlager nie zu 100 Prozent dicht sein wird. Auch werden minime Mengen radioaktiver Stoffe nach etwa 10'000 Jahren austreten, das bestätigen unsere eigenen Berechnungen. Die Frage ist, um welche Mengen es sich dabei handelt. Wir gehen davon aus, dass wir den durch den Bund vorgegebenen Grenzwert um den Faktor 1000 unterschreiten werden – im schlechtesten Fall.

Den optimalen Standort haben Sie nun im Raum Nördlich Lägern bei der Gemeinde Stadel gefunden?

Genau. Wir haben schweizweit sehr lange nach dem geeignetsten Standort gesucht. In der Region Nördlich Lägern im Zürcher Unterland sind wir auf eine Gesteinsqualität gestossen, die sich für ein Tiefenlager sehr gut eignet. An dieser Stelle schliesst das Gestein den hochradioaktiven Abfall über Zeiträume von bis zu einer Million Jahre am besten ein. Zudem haben wir dort viel Platz, so dass wir flexibel sind und das Lager genauso bauen können, wie wir es uns vorstellen.

Gibt es international Beispiele für ein solches Tiefenlager, wie es die Nagra plant?

Tiefenlager zur Endlagerung von hochradioaktiven Abfällen sind tatsächlich noch keine in Betrieb. In Finnland testet man jedoch bereits die Einlagerung und in Schweden wurde die Baubewilligung für ein Tiefenlager für hochradioaktive Abfälle erteilt. Auch in Frankreich ist man schon weit. Für schwach- und mittelradioaktive Abfälle bestehen bereits mehrere Tiefenlager.

Wir werden den Grenzwert des Bundes um den Faktor 1000 unterschreiten

Nach 10'000 Jahren soll radioaktives Material aus dem Tiefenlager in die Biosphäre übertreten. Was entgegnen Sie den kritischen Stimmen, die deshalb ein Tiefenlager ablehnen?

Es ist richtig, dass ein Tiefenlager nie zu 100 Prozent dicht sein wird. Auch werden minime Mengen radioaktiver Stoffe nach etwa 10'000 Jahren austreten, das bestätigen unsere eigenen Berechnungen. Die Frage ist, um welche Mengen es sich dabei handelt. Wir gehen davon aus, dass wir den durch den Bund vorgegebenen Grenzwert um den Faktor 1000 unterschreiten werden – im schlechtesten Fall.

Impressionen: Das Nagra-Tiefenlager
Eine Visualisierung der Oberflächenanlage der Nagra in Stadel.
Im Tiefenlager werden sowohl hoch- wie auch mittelaktive Abfälle gelagert werden.
Hochaktive Abfälle im späteren Tiefenlager.
Diese Visualisierung zeigt die ganze Dimension des Jahrhundertprojekts Tiefenlager.

Können Sie das etwas ausführen?

Während eines Lebensjahrs nimmt ein Mensch in der Schweiz circa 5 Millisievert* an natürlicher Strahlung auf. Nun dürften wir mit dem Tiefenlager, gemäss Vorgabe des Bundes, diese Dosis um maximal 0.1 Millisievert erhöhen – für jemanden, der direkt über dem Lager lebt. Mit dem Tiefenlager erhöhen wir die zulässige Dosis nach 10'000 Jahren jedoch im ungünstigsten Fall um lediglich 0.0001 Millisievert – also tausendmal weniger, als der Grenzwert maximal zulässt. Stellen wir uns einen fünf Meter hohen Sprungturm vor. Diesen Turm dürfen wir nun maximal um die Grösse einer Cola-Dose erhöhen. Was wir aber im schlechtesten Fall tun: Wir erhöhen den Turm um die Dicke eines Blatt Papiers. Ist ein Tiefenlager zu 100 Prozent sicher oder dicht? Nein. Aber wir kommen dem sehr nahe. Wer in 10'000 Jahren direkt über dem Tiefenlager wohnt, nimmt in einem Jahr wegen dem Lager die gleiche Dosis auf, wie während einer zweistündigen Wanderung in den Alpen. Absolut sichere Lösungen im Umgang mit Atommüll existieren nicht – auch nicht im Falle der Transmutation.

*Masseinheit zur Messung der Auswirkung radioaktiver Strahlung auf die Gesundheit.

Die Theorie der Transmutation ist bereits seit Jahrzehnten bekannt

Sie sprechen es an: immer öfter hört man von der Transmutation. Einer Technologie, die mittels moderner Reaktoren den Atommüll abbauen könnte. Was halten Sie von solchen Alternativen?

Wir beobachten diese Entwicklungen genau. Die theoretische Möglichkeit der Transmutation ist uns seit Jahrzehnten bekannt. Das Tiefenlagerkonzept wurde im Wissen geschrieben, dass es diese Möglichkeit gibt. Bisher blieb sie jedoch theoretisch. Mit der Schweizer Firma Transmutex, die diese Technologie zur Marktreife führen will, haben wir unlängst Daten ausgetauscht und
halten deren Berechnungen für plausibel. Eine Reduktion des Volumens und der Langlebigkeit des hochradioaktiven Abfalls wäre wohl theoretisch möglich.
Allerdings fiele dann mehr schwach-​ und mittelradioaktiver Abfall an. Zudem müssten mehrere Transmutationsreaktoren und eine Wiederaufbereitungsanlage gebaut werden. Das ist in der Schweiz aktuell verboten. Unser Fazit: Ein Tiefenlager braucht es in jedem Fall.

Es gibt keinen Grund, jetzt Däumchen zu drehen
 

Ein Vorwurf an die Nagra ist der, dass beim Bau des Tiefenlagers unnötig aufs Gas gedrückt wird, weil sie die Verantwortung für die Abfälle an den Bund abtreten können, sobald diese eingelagert sind.

Das ist so nicht richtig. Die Verantwortung geht zwar dereinst auf den Bund über, aber erst nach einer Testphase, über deren Länge der Bundesrat selbst entscheidet. Wir rechnen damit, dass das etwa in hundert Jahren so weit sein dürfte. Das sind die Zeiträume, in denen wir planen. Andere Stimmen werfen uns vor, zu trödeln. Schliesslich arbeiten wir bereits seit 53 Jahren an der
Lösung. Für uns gibt es jetzt keinen Grund, Däumchen zu drehen. Aber der Vorwurf, unnötig Tempo zu machen, ist unbegründet. Bis wir definitiv einlagern werden, dauert es noch rund dreissig Jahre. Sollte die Transmutation bis zu diesem Zeitpunkt Industrie- und Marktreife erlangen, ist das wunderbar. Dann haben wir weniger hochradioaktiven Abfall, den wir einlagern müssen.

Können Sie das etwas ausführen?

Während eines Lebensjahrs nimmt ein Mensch in der Schweiz circa 5 Millisievert* an natürlicher Strahlung auf. Nun dürften wir mit dem Tiefenlager, gemäss Vorgabe des Bundes, diese Dosis um maximal 0.1 Millisievert erhöhen – für jemanden, der direkt über dem Lager lebt. Mit dem Tiefenlager erhöhen wir die zulässige Dosis nach 10'000 Jahren jedoch im ungünstigsten Fall um lediglich 0.0001 Millisievert – also tausendmal weniger, als der Grenzwert maximal zulässt. Stellen wir uns einen fünf Meter hohen Sprungturm vor. Diesen Turm dürfen wir nun maximal um die Grösse einer Cola-Dose erhöhen. Was wir aber im schlechtesten Fall tun: Wir erhöhen den Turm um die Dicke eines Blatt Papiers. Ist ein Tiefenlager zu 100 Prozent sicher oder dicht? Nein. Aber wir kommen dem sehr nahe. Wer in 10'000 Jahren direkt über dem Tiefenlager wohnt, nimmt in einem Jahr wegen dem Lager die gleiche Dosis auf, wie während einer zweistündigen Wanderung in den Alpen. Absolut sichere Lösungen im Umgang mit Atommüll existieren nicht – auch nicht im Falle der Transmutation.

*Masseinheit zur Messung der Auswirkung radioaktiver Strahlung auf die Gesundheit.

Die Theorie der Transmutation ist bereits seit Jahrzehnten bekannt

Sie sprechen es an: immer öfter hört man von der Transmutation. Einer Technologie, die mittels moderner Reaktoren den Atommüll abbauen könnte. Was halten Sie von solchen Alternativen?

Wir beobachten diese Entwicklungen genau. Die theoretische Möglichkeit der Transmutation ist uns seit Jahrzehnten bekannt. Das Tiefenlagerkonzept wurde im Wissen geschrieben, dass es diese Möglichkeit gibt. Bisher blieb sie jedoch theoretisch. Mit der Schweizer Firma Transmutex, die diese Technologie zur Marktreife führen will, haben wir unlängst Daten ausgetauscht und
halten deren Berechnungen für plausibel. Eine Reduktion des Volumens und der Langlebigkeit des hochradioaktiven Abfalls wäre wohl theoretisch möglich.
Allerdings fiele dann mehr schwach-​ und mittelradioaktiver Abfall an. Zudem müssten mehrere Transmutationsreaktoren und eine Wiederaufbereitungsanlage gebaut werden. Das ist in der Schweiz aktuell verboten. Unser Fazit: Ein Tiefenlager braucht es in jedem Fall.

Es gibt keinen Grund, jetzt Däumchen zu drehen
 

Ein Vorwurf an die Nagra ist der, dass beim Bau des Tiefenlagers unnötig aufs Gas gedrückt wird, weil sie die Verantwortung für die Abfälle an den Bund abtreten können, sobald diese eingelagert sind.

Das ist so nicht richtig. Die Verantwortung geht zwar dereinst auf den Bund über, aber erst nach einer Testphase, über deren Länge der Bundesrat selbst entscheidet. Wir rechnen damit, dass das etwa in hundert Jahren so weit sein dürfte. Das sind die Zeiträume, in denen wir planen. Andere Stimmen werfen uns vor, zu trödeln. Schliesslich arbeiten wir bereits seit 53 Jahren an der
Lösung. Für uns gibt es jetzt keinen Grund, Däumchen zu drehen. Aber der Vorwurf, unnötig Tempo zu machen, ist unbegründet. Bis wir definitiv einlagern werden, dauert es noch rund dreissig Jahre. Sollte die Transmutation bis zu diesem Zeitpunkt Industrie- und Marktreife erlangen, ist das wunderbar. Dann haben wir weniger hochradioaktiven Abfall, den wir einlagern müssen.

Was aber, wenn die Technologie erst später marktreif wird und wir schon alles eingelagert und versiegelt haben?

Auch für diesen Fall sind wir mit dem Tiefenlager gewappnet: Wir dürfen die Abfälle nur einlagern, wenn wir zeigen können, dass wir sie auch wieder zurückholen können. Sollten aber doch keine innovativen Technologien zur Reduktion radioaktiver Abfälle marktreif werden und wir haben die Zwischenzeit ungenutzt verstreichen lassen, dann wäre das verantwortungslos.

Die Transmutation würde auch den Wiedereinstieg in die Kernenergie bedeuten

Man hört jedoch, dass die Technologie der Transmutation kurz vor der Marktreife steht. Findet das Thema bei der Nagra eventuell etwas zu wenig Gehör?

Alle, die hier bei der Nagra arbeiten, wollen das grosse Problem mit dem Atommüll sauber und sicher lösen. Die Nagra hat nicht zu entscheiden, auf welchem Weg wir das tun und genauso wenig wollen wir unbedingt ein Tiefenlager bauen. Wir haben den gesetzlichen Auftrag, dies zu tun. Diesen setzen wir nach bestem Wissen und Gewissen um. Setzt sich eine neue Technologie durch und die Politik kommt zur Ansicht, dass diese eine noch bessere Lösung darstellt, dann wird man das Gesetz entsprechend anpassen. Dann ändert sich auch unser Auftrag. Bis jetzt hat sich weltweit kein Land dafür entschieden, auf Transmutation statt auf Tiefenlagerung zu setzen. Was die Befürworterinnen und Befürworter der Transmutation manchmal nicht auf dem Schirm haben: Die Transmutation würde den Wiedereinstieg in die Kernenergie bedeuten. Dafür bräuchte es den politischen Willen. Und wenn wir über Risiken der Tiefenlagerung sprechen, sollten wir ehrlich sein und auch die Risiken der Transmutation und dem damit einhergehenden Bau neuer Kernreaktoren thematisieren.

Kritik macht das Tiefenlager besser

Was ist ihre Botschaft an die Kritikerinnen und Kritiker des Tiefenlagers?

Hinterfragt uns und die Art wie wir arbeiten weiterhin. Das ist gut so. Denn diese Kritik macht uns und das ganze Projekt besser. Sie zwingt uns dazu, uns immer wieder selbst zu hinterfragen und hat bereits dazu geführt, dass wir gewisse Teilvorhaben angepasst haben. Die Verpackungsanlage zum Beispiel, in der man die Brennstäbe in Endlagerbehälter umpacken wird, planen wir dank kritischer Stimmen nicht mehr beim Endlager in Stadel, sondern neu beim Zwischenlager in Würenlingen. Dadurch können wir Synergien nutzen und die Prozesse sinnvoller gestalten. So haben Kritikerinnen und Kritiker unser Jahrhundertprojekt bereits verbessert. Trotzdem gibt es aktuell keinen Grund dafür, das ganze Vorhaben einzufrieren und abzuwarten. Wir arbeiten an der optimalen Lösung und bleiben flexibel und offen für technologische Innovation.

Was aber, wenn die Technologie erst später marktreif wird und wir schon alles eingelagert und versiegelt haben?

Auch für diesen Fall sind wir mit dem Tiefenlager gewappnet: Wir dürfen die Abfälle nur einlagern, wenn wir zeigen können, dass wir sie auch wieder zurückholen können. Sollten aber doch keine innovativen Technologien zur Reduktion radioaktiver Abfälle marktreif werden und wir haben die Zwischenzeit ungenutzt verstreichen lassen, dann wäre das verantwortungslos.

Die Transmutation würde auch den Wiedereinstieg in die Kernenergie bedeuten

Man hört jedoch, dass die Technologie der Transmutation kurz vor der Marktreife steht. Findet das Thema bei der Nagra eventuell etwas zu wenig Gehör?

Alle, die hier bei der Nagra arbeiten, wollen das grosse Problem mit dem Atommüll sauber und sicher lösen. Die Nagra hat nicht zu entscheiden, auf welchem Weg wir das tun und genauso wenig wollen wir unbedingt ein Tiefenlager bauen. Wir haben den gesetzlichen Auftrag, dies zu tun. Diesen setzen wir nach bestem Wissen und Gewissen um. Setzt sich eine neue Technologie durch und die Politik kommt zur Ansicht, dass diese eine noch bessere Lösung darstellt, dann wird man das Gesetz entsprechend anpassen. Dann ändert sich auch unser Auftrag. Bis jetzt hat sich weltweit kein Land dafür entschieden, auf Transmutation statt auf Tiefenlagerung zu setzen. Was die Befürworterinnen und Befürworter der Transmutation manchmal nicht auf dem Schirm haben: Die Transmutation würde den Wiedereinstieg in die Kernenergie bedeuten. Dafür bräuchte es den politischen Willen. Und wenn wir über Risiken der Tiefenlagerung sprechen, sollten wir ehrlich sein und auch die Risiken der Transmutation und dem damit einhergehenden Bau neuer Kernreaktoren thematisieren.

Kritik macht das Tiefenlager besser

Was ist ihre Botschaft an die Kritikerinnen und Kritiker des Tiefenlagers?

Hinterfragt uns und die Art wie wir arbeiten weiterhin. Das ist gut so. Denn diese Kritik macht uns und das ganze Projekt besser. Sie zwingt uns dazu, uns immer wieder selbst zu hinterfragen und hat bereits dazu geführt, dass wir gewisse Teilvorhaben angepasst haben. Die Verpackungsanlage zum Beispiel, in der man die Brennstäbe in Endlagerbehälter umpacken wird, planen wir dank kritischer Stimmen nicht mehr beim Endlager in Stadel, sondern neu beim Zwischenlager in Würenlingen. Dadurch können wir Synergien nutzen und die Prozesse sinnvoller gestalten. So haben Kritikerinnen und Kritiker unser Jahrhundertprojekt bereits verbessert. Trotzdem gibt es aktuell keinen Grund dafür, das ganze Vorhaben einzufrieren und abzuwarten. Wir arbeiten an der optimalen Lösung und bleiben flexibel und offen für technologische Innovation.

Das Jahrhundertprojekt der Nagra
«Die sicherste Lösung für das Atommüll-Problem»

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«Nach 10'000 Jahren wird radioaktives Material freigesetzt»

«Nach 10'000 Jahren wird radioaktives Material freigesetzt»