TEXT Daniel Bütler — FOTOS Severin Jakob — 30. Mai 2019
Gut essen und dabei entschleunigen: In die Sihlmatt in Menzingen ZG locken feine Forellen und eine Bilderbuch-Idylle.
Tobias Emmenegger stapft in Gummistiefeln über die Wiese. In der Hand einen Korb mit Kräutern. An diesem Morgen hat der Wirt Zeit, selber Grünzeug zu sammeln. Später am Tag, bei Sonnenschein, wäre das unmöglich. Dann wird das Sihlmättli, wie die Einheimischen es liebevoll nennen, überschwemmt von Besuchern.
Im Traditionslokal nah an der Sihl ist die Forelle omnipräsent – rein grafisch und auf den Tellern. «Begonnen hat alles mit einer Bauernfamilie, die sich einen Zusatzverdienst erarbeiten wollte. Sie bot den Wanderern an, was es hier gab: Forellen», sagt Tobi Emmenegger. «Diese Tradition wollen wir weiterführen.» Heute kommt der Fisch aber natürlich nicht mehr aus dem Fluss.
Zurück zu den Wurzeln
Der Mittdreissiger Tobi und sein Partner Felix Schnyder haben das Restaurant vor zwei Jahren übernommen. Nach Jahren in der Stadtzürcher Gastronomie war dies eine Rückkehr zu den Wurzeln, wuchsen doch beide auf dem Land auf und sind leidenschaftliche Hobbyfischer. «Uns gefällt es hier: Die Sihlmatt ist ein Unikat und die Umgebung wunderschön», sagt Tobi. «Hier können unsere Gäste entschleunigen. Wenn ich an einem Sommermorgen draussen die Tische decke, hat sogar die Arbeit etwas Entspannendes.» Tatsächlich: Die Idylle ist bilderbuchreif!
Wie ein Bauernhaus sieht das Sihlmättli von aussen aus, und auch in der Gaststube dominiert Holz. Doch der Stil ist urban-minimalistisch. Ein Kachelofen oder rustikale Gerätschaften fehlen. Reduziert ist auch die Karte. Es gibt vor allem Forelle: Kalt oder warm, als Vorspeise oder Hauptgang, geräuchert, gebraten oder blau. Alternativen sind lokale Wurst, Braten oder Ricotta-Gnocchi.
Meine gebratene Forelle an Buttersauce lässt keine Wünsche offen. So muss ein Fisch schmecken. Wenn man auf hohem Niveau jammern möchte, dann wegen der Vorspeise: Das Hausdressing am Blattsalat ist knoblauchlastig. Das scheinen die Gäste nebenan zu wissen, sie bestellen die Sauce ohne Knoblauch und sind damit glücklich: «So einen frischen Salat hatte ich schon lang nicht mehr!» Auch vom Wasser sind sie begeistert – nutzt das Sihlmättli doch eigene Quellen.
Meine Begleitung und ich trinken trotzdem etwas Weisswein, und zwar den Zürcher «Von Fluss und See». Die Beschreibung auf der Karte passt, er ist wirklich «fruchtig» und «verführerisch». Doch wir können dem Wunsch widerstehen, noch mehr zu bestellen, haben wir doch später noch etwas vor. Zum Dessert empfiehlt sich die hausgemachte Pannacotta mit eingemachten Erdbeeren und Rhabarber. Sehr lecker!
Auch ein Kinderparadies
Für Kinder gibt es weder Pommes frites noch Pasta, sondern selbst gemachte Forellenstäbli. Unsere Kleinen verputzen sie im Nu. Und sind gleich wieder weg, denn draussen gibt es viel zu entdecken. Die Umgebung ist ein einziger grosser Spielpatz mit Wiese, Spielgeräten, einem Mini-Fussballfeld und Tieren. Zur Sihlmatt gehört ein kleiner Hof mit Eseln, Hühnern, Kaninchen und etwas Garten. Was hier produziert wird, wird in der Restaurantküche verwendet. Ganz so lokal sind die übrigen Zutaten nicht, aber meistens doch regional. Die Forellen stammen von einer Fischzucht im nahen Sattel und werden vor Ort lebend in Bassins gehalten, weshalb sie ganz frisch auf die Teller kommen. Spezialitäten wie die Zuger Kirschtorte oder Kemmeriboden-Bad-Merängge sowie weitere saisonale Produkte werden direkt vom Produzenten bezogen. Die Kartoffeln holt der Wirt selber beim Bauern.
Ein Besuch hier lohnt sich nicht nur wegen der feinen Speisen und der Umgebung, sondern auch zum Wandern. Entlang der Sihl geht es durch märchenhafte Wälder bis Sihlbrugg. Spätestens dort ist die Forelle verdaut. Denn der Fisch liegt ganz leicht im Magen.
Sihlmatt
6313 Menzingen
Telefon 041 755 12 44
sihlmatt.ch
Offen:
Täglich ab 11 Uhr
Reservation dringend empfohlen!