Im Frühling ist das CO2-Gesetz an der Urne gescheitert. Was bedeutet dies für die Schweiz und insbesondere für den Kanton Zürich?
Daniel Jositsch
Grundsätzlich betrachte ich diese Abstimmung als eine der ungünstigsten seit Jahrzehnten. Es ist das Resultat mit dem grössten negativen Folgenpotenzial, das ich im Parlament je erlebt habe. Das CO2-Gesetz hätte ein historischer Schritt sein können. Es hatte sich eine breite Allianz bis weit in die bürgerliche Seite hinein gefunden. Andererseits war es ein Kompromiss zwischen Klimazielen und wirtschaftlicher Verträglichkeit – ein guter Kompromiss.
Im Kanton Zürich wäre das CO2-Gesetz ja angenommen worden. Aber wir können das Klimaziel nicht allein erfüllen. Auch die Schweiz kann das natürlich nicht, aber als eines der wirtschaftlich stärksten Länder wäre davon eine grosse Signalwirkung ausgegangen. Doch das sind eben die Spielregeln der Demokratie. Vielleicht kann der Kanton Zürich hier aber doch noch etwas bewegen, denn der Rückhalt ist ja da.
Ruedi Noser
Es zeigt die Zerrissenheit der Gesellschaft. Politik tut sich immer schwer, Probleme zu lösen, die für die nächste oder übernächste Generation wichtiger sind als für unsere. Ich habe im Ständerat einen bedeutenden Beitrag dazu geleistet, dass das CO2-Gesetz überhaupt entstanden ist. Insofern bin ich sehr enttäuscht. Ich hoffe nun, dass das Energiegesetz im Kanton Zürich bei der Abstimmung im November angenommen wird. Das wäre ein wichtiges Signal.
Die Energiesicherheit ist durch das Scheitern des CO2-Gesetzes jedoch nicht gefährdet. Da spielt das Scheitern des institutionellen EU-Rahmenabkommens eine viel grössere Rolle. Bis jetzt konnten wir von einem vernetzten Europa ausgehen, zukünftig müssen wir von einer weniger vernetzten Schweiz ausgehen. Das macht die Versorgungssicherheit komplexer und auch teurer.
Umwelt- und Klimaschutz scheitern oft am Willen der Wählerinnen und Wähler bei konkreten Umsetzungsinitiativen. Wie erklären Sie sich das?
Daniel Jositsch
Generell war das alles vielleicht zu unübersichtlich und zu komplex für die Wählerinnen und Wähler. Auch, was das System der Rückerstattungen angeht. Ich hatte relativ früh bemerkt, dass das kritisch wird, auch in meinem persönlichen Umfeld. Die Verknüpfung mit den Agrarvorlagen spielte da eine untergeordnete Rolle, denke ich. Mag sein, dass es viele gibt, die mit Ja abgestimmt hätten, wenn sie geahnt hätten, dass es so knapp wird. Dass die Klimaaktivisten das Gesetz ablehnten, weil es ihnen nicht weit genug ging, war reichlich ungeschickt. Ich dachte, das könnte zeigen, dass das Gesetz an sich moderat ist. Aber dem war nicht so.
Ruedi Noser
Das war aktuell meiner Meinung nach ein Kampagnenfehler. Denn der Bürger, der seinen CO2-Fussabdruck reduziert, hat mehr Geld im Sack, anstatt Geld zu verlieren. Aber man hat immer gesagt, dass man in der Kampagne nicht über Geld reden will. Zudem haben wir aktuell viele Initiativen vom linken Spektrum, da gibt es eine gewisse Übersättigung. Wir hatten mehrmals beim Bundesrat angefragt, dass diese Initiativen nicht alle auf einen Termin gelegt werden sollten. Der Bundesrat wollte wohl die Welle reiten und hoffte auf eine Mobilisierung der Befürworter. Das Gegenteil ist passiert.
Wie kann man den Rückhalt in der breiten Bevölkerung stärken?
Daniel Jositsch
Wir können nicht darauf warten, das die öffentliche Meinung gerade einmal wieder alarmiert ist. Es braucht einen tiefgreifenden Bewusstseinswandel und die Einsicht, wie drängend das Thema ist. Den meisten Menschen ist die eigene Haut am nächsten. Wählerinnen und Wähler haben das Privileg, in ihren Entscheidungen sehr inkonsistent zu sein. Die Politik muss darauf Rücksicht nehmen und sehr pragmatisch handeln.
Wir können das Klimaproblem allein nicht lösen. Wir brauchen internationale Vernetzung
Was bedeutet es für die Schweiz, wenn die Klimaziele von Paris nicht erfüllt werden?
Daniel Jositsch
Wir müssen das Klimaziel 2050 weiterverfolgen. Wir können nicht darauf warten, bis die öffentliche Meinung gerade einmal wieder alarmiert ist. Es braucht einen tiefgreifenden Bewusstseinswandel. Es ist immer einfach, von denen, die von der Hand in den Mund leben, zu verlangen, dass sie etwa ökologisch anbauen. Aber wir als eines der reichsten Länder der Welt sagen, dass uns 100 Franken Mehrkosten zu viel sind, wir möchten lieber zweimal im Jahr nach Teneriffa fliegen. Wir haben im Moment jede Glaubwürdigkeit bei diesem Thema verspielt. Wenn wir nicht vorangehen, warum sollten dann Südamerikaner, Afrikaner oder die ärmeren der asiatischen Staaten das tun?
Die Klimaziele müssen erreicht werden, das ist alternativlos
Ruedi Noser
Die Klimaziele müssen erreicht werden, das ist alternativlos. Die Schweiz ist vom Klimawandel überproportional betroffen. Und die Klimamodelle entwickeln sich aktuell anders, sprich: schneller als vorgesehen. Das bereitet mir grosse Sorgen. Als ich das Vrenelisgärtli erstmals ohne Schnee gesehen habe, sind mir die Tränen gekommen. Wenn man seine Heimat liebt, kann einem das nicht gleichgültig sein. Denn die Steine, die dort oben sind, werden runterkommen. Und da unten wohnen Menschen. Das kann man nicht wollen.
Im Frühling ist das CO2-Gesetz an der Urne gescheitert. Was bedeutet dies für die Schweiz und insbesondere für den Kanton Zürich?
Daniel Jositsch
Grundsätzlich betrachte ich diese Abstimmung als eine der ungünstigsten seit Jahrzehnten. Es ist das Resultat mit dem grössten negativen Folgenpotenzial, das ich im Parlament je erlebt habe. Das CO2-Gesetz hätte ein historischer Schritt sein können. Es hatte sich eine breite Allianz bis weit in die bürgerliche Seite hinein gefunden. Andererseits war es ein Kompromiss zwischen Klimazielen und wirtschaftlicher Verträglichkeit – ein guter Kompromiss.
Im Kanton Zürich wäre das CO2-Gesetz ja angenommen worden. Aber wir können das Klimaziel nicht allein erfüllen. Auch die Schweiz kann das natürlich nicht, aber als eines der wirtschaftlich stärksten Länder wäre davon eine grosse Signalwirkung ausgegangen. Doch das sind eben die Spielregeln der Demokratie. Vielleicht kann der Kanton Zürich hier aber doch noch etwas bewegen, denn der Rückhalt ist ja da.
Ruedi Noser
Es zeigt die Zerrissenheit der Gesellschaft. Politik tut sich immer schwer, Probleme zu lösen, die für die nächste oder übernächste Generation wichtiger sind als für unsere. Ich habe im Ständerat einen bedeutenden Beitrag dazu geleistet, dass das CO2-Gesetz überhaupt entstanden ist. Insofern bin ich sehr enttäuscht. Ich hoffe nun, dass das Energiegesetz im Kanton Zürich bei der Abstimmung im November angenommen wird. Das wäre ein wichtiges Signal.
Die Energiesicherheit ist durch das Scheitern des CO2-Gesetzes jedoch nicht gefährdet. Da spielt das Scheitern des institutionellen EU-Rahmenabkommens eine viel grössere Rolle. Bis jetzt konnten wir von einem vernetzten Europa ausgehen, zukünftig müssen wir von einer weniger vernetzten Schweiz ausgehen. Das macht die Versorgungssicherheit komplexer und auch teurer.
Umwelt- und Klimaschutz scheitern oft am Willen der Wählerinnen und Wähler bei konkreten Umsetzungsinitiativen. Wie erklären Sie sich das?
Daniel Jositsch
Generell war das alles vielleicht zu unübersichtlich und zu komplex für die Wählerinnen und Wähler. Auch, was das System der Rückerstattungen angeht. Ich hatte relativ früh bemerkt, dass das kritisch wird, auch in meinem persönlichen Umfeld. Die Verknüpfung mit den Agrarvorlagen spielte da eine untergeordnete Rolle, denke ich. Mag sein, dass es viele gibt, die mit Ja abgestimmt hätten, wenn sie geahnt hätten, dass es so knapp wird. Dass die Klimaaktivisten das Gesetz ablehnten, weil es ihnen nicht weit genug ging, war reichlich ungeschickt. Ich dachte, das könnte zeigen, dass das Gesetz an sich moderat ist. Aber dem war nicht so.
Ruedi Noser
Das war aktuell meiner Meinung nach ein Kampagnenfehler. Denn der Bürger, der seinen CO2-Fussabdruck reduziert, hat mehr Geld im Sack, anstatt Geld zu verlieren. Aber man hat immer gesagt, dass man in der Kampagne nicht über Geld reden will. Zudem haben wir aktuell viele Initiativen vom linken Spektrum, da gibt es eine gewisse Übersättigung. Wir hatten mehrmals beim Bundesrat angefragt, dass diese Initiativen nicht alle auf einen Termin gelegt werden sollten. Der Bundesrat wollte wohl die Welle reiten und hoffte auf eine Mobilisierung der Befürworter. Das Gegenteil ist passiert.
Wie kann man den Rückhalt in der breiten Bevölkerung stärken?
Daniel Jositsch
Wir können nicht darauf warten, das die öffentliche Meinung gerade einmal wieder alarmiert ist. Es braucht einen tiefgreifenden Bewusstseinswandel und die Einsicht, wie drängend das Thema ist. Den meisten Menschen ist die eigene Haut am nächsten. Wählerinnen und Wähler haben das Privileg, in ihren Entscheidungen sehr inkonsistent zu sein. Die Politik muss darauf Rücksicht nehmen und sehr pragmatisch handeln.
Wir können das Klimaproblem allein nicht lösen. Wir brauchen internationale Vernetzung
Was bedeutet es für die Schweiz, wenn die Klimaziele von Paris nicht erfüllt werden?
Daniel Jositsch
Wir müssen das Klimaziel 2050 weiterverfolgen. Wir können nicht darauf warten, bis die öffentliche Meinung gerade einmal wieder alarmiert ist. Es braucht einen tiefgreifenden Bewusstseinswandel. Es ist immer einfach, von denen, die von der Hand in den Mund leben, zu verlangen, dass sie etwa ökologisch anbauen. Aber wir als eines der reichsten Länder der Welt sagen, dass uns 100 Franken Mehrkosten zu viel sind, wir möchten lieber zweimal im Jahr nach Teneriffa fliegen. Wir haben im Moment jede Glaubwürdigkeit bei diesem Thema verspielt. Wenn wir nicht vorangehen, warum sollten dann Südamerikaner, Afrikaner oder die ärmeren der asiatischen Staaten das tun?
Die Klimaziele müssen erreicht werden, das ist alternativlos
Ruedi Noser
Die Klimaziele müssen erreicht werden, das ist alternativlos. Die Schweiz ist vom Klimawandel überproportional betroffen. Und die Klimamodelle entwickeln sich aktuell anders, sprich: schneller als vorgesehen. Das bereitet mir grosse Sorgen. Als ich das Vrenelisgärtli erstmals ohne Schnee gesehen habe, sind mir die Tränen gekommen. Wenn man seine Heimat liebt, kann einem das nicht gleichgültig sein. Denn die Steine, die dort oben sind, werden runterkommen. Und da unten wohnen Menschen. Das kann man nicht wollen.